RE: Ebola

#41 von Spitze Feder , 21.02.2019 23:38


Taucht
da doch mal wieder ein 'External Situation Report' auf. Heute ist der 21., der Report datiert vom 19., die Daten sollen bis zum 17.02.2019 aktuell sein. Na ja.

Zitat
24 new EVD cases have been reported, including 20 confirmed and four probable cases. The four probable cases were all deaths that occurred in November and December 2018 in Komanda Health Zone, with a clinical history consistent with EVD but without the opportunity to be tested.

Immer wieder faszinierend: Seit August ist das dort offiziell die zweite Ebola-Epidemie von 2018, aber von Fällen im November und Dezember lassen sich keine Proben sichern? Wenn das tatsächlich an der Sicherheitslage liegt ist das auch nicht besser als wenn es verschludert wird.

Die Grafik auf Seite vier zeigt zwar keine wesentliche Verschlechterung, aber auch seit Monaten keine Verbesserung. Der Startschuss zu einer Entwicklung wie in Westafrika kann wohl jederzeit gegeben werden.

Zitat
Contact tracing continues to be strengthened with over 52 000 contacts registered to date and 6 849 currently under surveillance, of whom between 82-85% have been followed in the past seven days.

Eigentlich sollte so eine Prozentzahl eindeutig sein, es sei denn, es ist die Zahl der 'Kontakte' gemeint, die pro Tag über die letzten sieben Tage angetroffen wurden. Dann bleibt die Frage, wie hoch ist der Prozentsatz, der mindestens einmal untersucht wurde? Eine Interpretation wäre nämlich auch, dass 15 Prozent (also über 1.000 'Kontakte') bereits über eine Woche vom Radar verschwunden sind.

Zitat
WHO continues to monitor alerts from outbreak-affected areas ... average of 603 (95%) were investigated within 24 hours of reporting

Im Durchschnitt müssen 5% der gemeldeten Fälle mehr als einen Tag warten, bis sie jemand kontaktiert (kontaktieren kann). Das sind immerhin gut 30 Verdachtsfälle - jeden Tag.

Zitat
As of 17 February 2019, 36 825 757 travellers were screened at 71 out of 80 Points of Entry (PoEs) and Points of Control (PoCs) in EVD affected areas and their surroundings. Of these screenings, 331 alerts were notified, of which 168 were validated as suspect cases and six tested positive for Ebola virus following laboratory confirmation.

Das ist mehr als beachtlich: Im Kongo finden sie sechs 'Nadeln' aus einem Heuhaufen von fast 37 Millionen. Wir könnten so etwas nicht ...

Zitat
eight were dead bodies, one of which then tested positive for Ebola. This was the body of a woman who is a known contact (spouse) of a case in Butembo. She travelled to Bunia following her husband’s death and subsequently died in Bunia. Her family intended to take her body back to Butembo for burial. The group, in a taxi, was intercepted

Und so wird die Krankheit immer weiter verbreitet: Die Frau eines Ebola-Toten verreist, und wird nach ihrem eigenen Tod von der Familie mit einem Taxi wieder in ihre Heimatstadt gebracht.

Zitat
The Mutsanga PoE in Katwa Health Zone is to be relocated as a result of persistent insecurity. The Kangote PoC in Butembo Health Zone was vandalised allegedly by an armed group who refused handwashing; the water tank was damaged. In Goma, two barriers of the Goma Port PoC were forcedly removed as a result of lack of support from security elements and increased resistance to health screening. In Mambasa, Ituri, the Mabakese PoC was destroyed by young persons protesting against the non-inclusiveness of the vaccination activities. They are demanding that the entire population be vaccinated. The PoC had to halt all activities on 15 February 2019.

Aus verschiedenen Gründen kommt es immer wieder zu Gewalt an und Zerstörung von Kontrollposten.

Zitat
As of 17 February 2019, a total of 2 442 SDB alerts have been received, of which 1 979 (81%) were executed successfully by Red Cross and Civil Protection SDB and Community Emergency Harm Reduction Burial (CEHRBU) teams.

'Sichere' Beerdigungen erfolgen nur in etwa vier von fünf notwendigen Fällen.

Ruanda, Uganda und der Südsudan bereiten sich auf ein Übergreifen der Krankheit vor.

Es könnte schlimmer sein, weit schlimmer. Aber es wird auch seit Monaten nicht merklich besser.

Und das ist bei einer Krankheit wie Ebola nicht genug.

 
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RE: Ebola

#42 von Spitze Feder , 07.03.2019 21:57


Was
für ein Wahnsinn.

Ebola breitet sich weiter im Kongo aus

Ärzte ohne Grenzen: Ebola-Strategie versagt

Und warum ?

Warum Schutzanzüge den Kampf gegen Ebola behindern

Die Schutzanzüge sind nicht das einzige Problem:

Zitat
"Ich persönlich habe noch keinen einzigen Ebola-Fall gesehen. Sie sagen, dass hier in der Stadt Dutzende Menschen sterben. Das ist einfach nicht wahr, hier ist gar nichts. Die bringen Leute mit ein bisschen Fieber ins Krankenhaus und auf einmal sind sie tot. Wir verstehen das nicht."


Vielleicht würden wir das auch nicht verstehen, wenn wir die Schulbildung vieler Menschen in der kongolesischen Provinz hätten. Und würden wir dann einfach unserer Regierung trauen ?

UNICEF zu Masern: Ansteckender als Ebola

Masern sind nicht ganz harmlos, aber gegen eine Quote von 60% Todesfällen wie im Kongo sind die Masern wirklich eine Kinderkrankheit. Grippe und Schnupfen sind vermutlich auch ansteckender als Ebola, solange man gewisse Regeln befolgt. Das sagt aber nichts über die Gefährlichkeit. Wer derart blödsinnige Vergleiche anstellt und über seine Medien verbreiten lässt, dem muss man nicht unbedingt vertrauen.

Aber der absolute Wahnsinn kommt jetzt:

D. R. Kongo: Ärzte ohne Grenzen fordert Umdenken im Kampf gegen Ebola

Zitat
In den Orten Katwa und Butembo, im Epizentrum der Epidemie, konnten in den vergangenen Wochen bei 43 Prozent der neu Infizierten keine Verbindungen zu anderen Erkrankten gefunden werden
...
In der vergangenen Woche musste Ärzte ohne Grenzen die Arbeit in Katwa und Butembo in der Region Nord-Kivu nach gewaltsamen Angriffen einstellen


Eine der wichtigsten Massnahmen in Westafrika war die Feststellung, über welche Wege sich die Infektion unter den Menschen verbreitete. Jetzt muss MsF die Arbeit genau dort einstellen, wo sie am dringendsten nötig wäre.

Die Konsequenzen sind für die meisten Menschen (v.a. natürlich für POlitiker) unabsehbar.

 
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RE: Ebola

#43 von Spitze Feder , 10.03.2019 23:21


Ein
'interessanter' Faktor der derzeitigen Ebola-Epidemie im Kongo gegenüber der grossen Epidemie in Westafrika ist die weitgehend gleichbleibende Mortalität von ca. 60 Prozent (in Westafrika gab es starke lokale Unterschiede) und der offensichtlich schnelle Tod der meisten Erkrankten trotz unterstützender Behandlung:

Disease outbreak news: Update
7 March 2019

Zitat
During the last 21 days (13 February – 5 March 2019), 76 new confirmed and probable cases have been reported
...
As of 5 March, 907 EVD cases1 ... have been reported ... 569 deaths (case fatality ratio: 63%) have been reported, and 304 patients have been discharged from Ebola Treatment Centres


Also 76 neue Fälle innerhalb von drei Wochen, aber wenn man die Zahl der Toten und der Geheilten von der Gesamtzahl der Fälle abzieht (907 - (569+304) = 34) bleiben gerade mal 34 Menschen übrig, die zum Stichtag wegen Ebola in Behandlung waren. Da als Kriterium der Heilung nicht das Verschwinden der Symptome, sondern die Abwesenheit der Viren im Blut gilt, können m.E. aus den Fällen der letzten drei Wochen erst wenige 'geheilt' entlassen worden sein. Daten zur üblichen Dauer einer Heilung finde ich allerdings keine. Auch Daten zur durchschnittlichen Zeit bis zum Tod sind kaum zu bekommen. Wahrscheinlich möchte man niemanden beunruhigen, denn nach den bis zu 3 Wochen Inkubationszeit hat es Ebola allem Anschein nach dann doch recht eilig, seinen Wirt umzubringen.

Dass es überwiegend Frauen und Kinder erwischt ist vermutlich sozial zu begründen: Frauen kümmern sich bevorzugt um die Kranken, und Frauen haben am meisten Kontakt zu ihren eigenen Kindern und Kindern der Nachbarschaft. Und da es immer noch nicht zufriedenstellend gelingt, das Misstrauen gegen die Helfer abzubauen, bleiben Kranke eher unnötig lange zu Hause im Familienkreis. Es ist eher nicht zu erwarten, dass das Virus da Prioritäten hat.

Es gilt weiterhin: Es könnte viel schlimmer sein, und vermutlich ist die Impfung bekannter Risikopersonen (medizinisches Personal und Kontakte Erkrankter) bereits recht nützlich bei der Eindämmung der Krankheit. Grund für eine wie auch immer geartete Zufriedenheit mit der Situation besteht weiterhin nicht.

 
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RE: Ebola

#44 von Spitze Feder , 27.03.2019 23:52


Es
wäre wohl so langsam an der Zeit, sich häufiger mit dieser Gefahr zu beschäftigen, leider fehlen mir zunehmend die Möglichkeiten (wie man ja auch an meinen sonstigen Nicht-Aktivitäten hier sieht). Die Chancen, dass Ebola den Sprung in die weite Welt schafft (das muss ja nicht ohne 'Hilfe' geschehen), sind inzwischen enorm und steigen täglich.

Deutsche Welle: Mehr als 1000 Ebola-Fälle im Kongo

Ebola
Außer Kontrolle


Ist das nicht etwas alarmistisch ? Leider nein:

Die neueste Werbebroschüre der WHO, nein, der neueste External Situation Report zeigt in Abbildung 1 für die letzten Wochen drei richtig kräftige Balken, wo bisher für die letzten Wochen meist eine zunächst deutlich fallende Tendenz verzeichnet wurde, die erst später von Nachmeldungen aufgefüllt wurde. Da es unwahrscheinlich ist, dass diesmal keine Nachmeldungen mehr kommen, dürften diese drei Balken in einigen Wochen eine deutlich steigende Tendenz anzeigen.

Zitat
62 042 contacts have been registered to date and 5024 are currently under surveillance as of 24
March 2019. Of those between 79-89% have been followed in the past seven days.

Das heisst aber auch, dass Hunderte bekannte Kontakte mindestens eine Woche lang nicht untersucht werden konnten. Immerhin, man sucht und findet die Nadeln im Heuhaufen:

Zitat
From 18 to 24 March, 1 785 792 screenings were performed, bringing the cumulative number of
screenings to close to 46 million. A cumulative total of 543 alerts were notified, with 238 validated and
seven of which were subsequently confirmed to be EVD following laboratory testing.

Ein enormer Aufwand, aber sieben neue Infektionslinien unter Kontrolle zu bringen wäre sicher mehr Aufwand.

Mathematik im Dschungel ist schwierig:

Zitat
As of 23 March, 91 283 contacts and contacts of contacts have been vaccinated. Those include 21 802
contacts and 64 900 contacts of contacts.

Sind es jetzt 91.283 Geimpfte, oder doch nur 86.702 ? Und woraus erklärt sich die Differenz ? Ärzte und Helfer werden weiter unten extra aufgeführt, und die dortigen Zahlen passen nicht hier herein.

Aber Probleme mit Zahlen war man ja auch in Westafrika gewöhnt. Hoffen wir mal, dass jetzt endlich alle Parteien vor Ort gegen Ebola zusammenarbeiten, sonst könnte die Entwicklung im Kongo wie vor ein paar Jahren in Westafrika eskalieren.

 
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RE: Ebola

#45 von Spitze Feder , 04.04.2019 22:37


Stand
2.4.2019 werden 1.100 Ebola-Erkrankungen der aktuellen Epidemie im Kongo gemeldet. Der neueste WHO-Bericht hat noch etwas ältere Zahlen, aber die Grafik der Neuinfektionen spricht Bände: Wo bisher die Zahlen der letzten Wochen zurückgingen und erst durch verspätete Meldungen anstiegen, da gibt es jetzt einen neuen Peak, der nur die allerletzte Woche noch nicht erfasst. Da darf man ruhig (oder eher beunruhigt) fragen:

Kongo: Ebola-Strategie gescheitert?

Zitat
Trotz umfangreicher Gegenmaßnahmen breitet sich das Ebola-Virus im Osten Kongos weiter aus. Einer der Gründe: Wachsendes Misstrauen gegen die, die eigentlich helfen wollen
...
allein in der letzten Märzwoche 72 Menschen neu mit dem Virus angesteckt. Das sind mehr als doppelt so viele neue Fälle wie durchschnittlich in den Wochen zuvor
...
"Ich würde nicht sagen, dass die Situation völlig außer Kontrolle ist", sagt Sevim Tuglaci, Mitarbeiterin der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) im DW-Interview


Ja, bei solcher Schönrednerei und acht Monaten ohne wirkliche Erfolge (was ja durchaus Gründe ausserhalb der Helfercommunity hat) darf man sich über Skepsis in der Bevölkerung nicht wundern. Auch auf ihrer eigenen Seite finden die MsF interessante Formulierungen:

Mehr als 1.000 Fälle – „Den Kampf gegen Ebola gewinnt man nur mit der Bevölkerung"

Zitat
Auch wenn es kleine Erfolge in der Bekämpfung von Ebola in der der D. R. Kongo gibt, z.B. dass sich die Epidemie bisher auf keines der Nachbarländer ausgeweitet hat ...

Toller Erfolg, v.a. aus der Sicht der Kongolesen. Und:

Zitat
1044 Menschen haben sich seit Ausbruch der Epidemie bereits mit Ebola infiziert, 652 sind leider verstorben, 326 konnten geheilt werden

Das mit der angeblichen 'Heilung' darf man auch kritisch sehen, bisher besteht die Behandlung von Ebola immer noch weniger aus einer Bekämpfung des Virus als aus Symptombekämpfung, bis der Körper es selbst richtet. Heilen ist mehr als das lindern der Symptome. Die Menschen vor Ort bekommen ja mit, was möglich ist.

Und so steht der Kongo heute kurz vor einer Entwicklung wie in Westafrika vor ein paar Jahren. In mancher Hinsicht ist die Welt heute etwas besser vorbereitet, in anderer vermutlich nicht. Ob es reichen wird ?

 
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RE: Ebola

#46 von Spitze Feder , 06.04.2019 21:20

External Situation Report 35
Date of issue: 2 April 2019
Data as reported by: 31 March 2019


Zitat
The number of healthcare workers affected has risen to 81, including 28 deaths



Disease outbreak news: Update
4 April 2019


Zitat
The number of healthcare workers affected has risen to 81 (7% of total cases), including 27 deaths.



Preiset den Herrn, es gibt eine Wiederauferstehung.

Oder die WHO ist nicht fähig, die Zahlen zweier Berichteserien konsistent zu halten. Ist wohl wahrscheinlicher ...

Wenn es so weitergeht werden einstellige Zahlen aber bald sowieso keinen mehr interessieren, zweistellige wohl auch nicht wirklich.

 
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RE: Ebola

#47 von Spitze Feder , 23.04.2019 22:39


Ebola
legt den Turbo ein - man darf gespannt sein, wann die Medien wirklich aufmerksam werden:

Disease outbreak news: Update
18 April 2019


Wenn man sich die Abb. 1 des Berichtes betrachtet sah es im Februar noch so aus, als könnten die Massnahmen langsam zu greifen beginnen, aber im März haben die Fallzahlen einen sehr unschönen neuen Höhepunkt erreicht.

Wir wissen zwar aus Westafrika, dass mit Glück sogar kritischere Situationen wieder unter Kontrolle zu bekommen sind, aber es muss ja nicht unbedingt wieder so weit kommen, dass das US-Militär einfliegt, um ganze Zeltstädte als Hospitäler aufzubauen. Hoffentlich ...

 
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RE: Ebola

#48 von Spitze Feder , 25.04.2019 08:07


Interessantes
in deutschen Nischenmedien:

Ebola-Impfung scheint hochwirksam zu sein

Das wäre ja sehr schön, und es gibt Ergebnisse, die man gut nachvollziehen kann:

Zitat
Bei 57 der zuvor geimpften Risikopersonen trat die Erkrankung innerhalb von zehn Tagen nach der Immunisierung auf; neun Patienten verstarben. Das ist der Zeitraum, von dem ausgegangen wird, dass der Impfschutz sich noch nicht voll entfaltet hat. 15 geimpfte Personen zeigten frühestens zehn Tage nach der Impfung erste Ebola-Symptome. Von ihnen überlebten alle.


Anderes kann ich leider nicht nachvollziehen:

Zitat
Auswertbar waren die Daten von 93.965 geimpften Risikopersonen in 679 Ringen. Unter ihnen kam es zu 71 Ebola-Fällen. Dagegen erkrankten im selben Zeitraum laut WHO 880 ungeimpfte Risikopersonen. Damit liegt die Ebola-Rate bei 0,017 Prozent bei den Geimpften gegenüber 0,656 Prozent bei Ungeimpften. Daraus ergibt sich eine Wirksamkeit von 97,5 Prozent.

Abgesehen von den 0,017 und 97,5 Prozent, für die man wohl Statistiker sein muss, um sie zu verstehen: Zwischen der angegebenen Rate der Geimpften und der Ungeimpften liegt ein Faktor 33. Da der Faktor zwischen den Patientenzahlen nur 12,4 beträgt, müsste die bezogene Grundgesamtheit bei den Ungeimpften kleiner sein als bei den Geimpften - die Bevölkerungszahl in dem betroffenen Gebiet ist aber weit grösser. Ob man wirklich davon ausgehen kann, dass die Mehrheit der Bevölkerung derzeit gar keine Chance hat, sich mit Ebola zu infizieren? Dazu auch:

Zitat
insgesamt 951 bestätigte und wahrscheinliche Fälle von Ebola-Erkrankungen registriert. Bei 776 dieser Patienten ermittelten Gesundheitsmitarbeiter deren Kontaktpersonen, sogenannte Ringe. Ingesamt wurden 100.754 Personen mit Erstkontakt zu den Erkrankten geimpft sowie weitere 91.492 Kontakte dieser Kontakte. Das waren 90 Prozent der infrage kommenden Personen

Da gibt es also mehr als genug 'unkontrolliertes Potential'.

Traurig ist auch, woran grössere Erfolge scheitern können:

Welternährungs­programm warnt vor neuer Ausbreitung von Ebola

Was hat das WFP mit Ebola zu tun?

Zitat
Derzeit reiche die Nahrungsmittelhilfe in den betroffenen Gebieten nicht aus ... Die Versorgung der Infizierten sei aber wichtig, damit sie nicht zum Kauf von Lebensmitteln ihre Häuser verließen
...
Seit August 2018 unterstützte das UN-Programm laut der Mitteilung 264.000 Personen mit Lebensmittelhilfen an 89 Verteilpunkten

Aha. Natürlich geht es weniger um die bekannten Infizierten, die sollten in den ETCs sein (und es sind bisher viel weniger als 264.000). Es geht um die Kontaktpersonen und ihre Haushalte, die für eine gewisse Zeit die Öffentlichkeit meiden sollten. Und die Verteilung erfolgt hoffentlich nicht 'an' 89 Verteilpunkten, sondern 'über' - sonst müssten die Leute ja doch raus. Aber insgesamt ist das doch interessante Info.

Und die Gewalt in der Gegend reisst nicht ab, so besteht natürlich auch die permanente Gefahr, dass 'biologisches Material' in falsche Hände gerät:

Arzt bei Einsatz gegen Ebola im Kongo getötet

Zitat
Angriff am vergangenen Freitag auf ein Krankenhaus in Butembo


Verständlich, dass mögliche Folgen nicht öffentlich ausdiskutiert werden. Hoffentlich machen sich unsere entsprechenden Stellen trotzdem Gedanken darüber ...

 
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RE: Ebola

#49 von Spitze Feder , 25.04.2019 21:41


Keine
Panik, meine wenigen Leser, auch wenn ich jetzt schon wieder über Ebola schreibe.

Die neuesten Disease Outbreak News sind da, und die Grafik wurde angepasst:

Sie ist jetzt mehrfarbig, je nachdem, woher die Erkrankten stammen. Offensichtlich treten in allen bisher heftiger betroffenen 'Health Zones' immer wieder Fälle auf. Interessanter finde ich, dass 'other health zones' als mittelgrauer Bereich am oberen Ende der Balken angefügt werden - schlecht zu sehen, macht die bunte Grafik optisch niedriger (kann allerdings den neuesten Peak auch nicht kaschieren). Und wenn man annimmt, dass das Absicht sein könnte, rechnet wohl auch die WHO mit weiterer Verschlechterung der Situation ...


P.S. Der External Situation Report ist auch interessant, z.B.:

Zitat
Over 77 800 contacts have been registered to date and 12 425 are currently under surveillance as of
22 April 2019. Follow-up rates remained very high (>90%) in health zones with continued operations.
However, reduced surveillance activities in 11 health zones in the wake of security incidents resulted
in no reporting from these areas, thus overall follow-up rates dropped to 38% in the past three days
.

Das hört sich leider gar nicht gut an.

 
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RE: Ebola

#50 von Spitze Feder , 09.05.2019 08:27

Wenn man sich den neuesten Situation Report ansieht und da v.a. die erste Grafik kann einem das kalte Grausen kommen.

Mit den diversen 'Kleinigkeiten', die für die Verschärfung der Situation ursächlich sind, will ich mich diesmal nicht beschäftigen. Wichtiger: Es wird selbst bei Ebola im Stadium des Ausserkontrollegeratens immer noch schöngeredet bzw. -gerechnet:

Zitat
As of 5 May 2019, a total of 1572 EVD cases ... were reported.
A total of 1045 deaths were reported (overall case fatality ratio 66%) ...


Jetzt nehmen wir die gleichen Angaben (stehen bis auf die Prozente prominent ganz oben) von vor vier Wochen:

Zitat
As of 7 April 2019, 1154 EVD cases ... were reported. A total of
731 deaths were reported (overall case fatality ratio 63%) ...


1572 - 1154 = 418, 1045 - 731 = 314.

314 / 418 = 75,1%.

Während die 'Overall Ratio' noch von besseren Zeiten zehrt und trotzdem inzwischen zwei Drittel erreicht hat, sind in den letzten vier Wochen drei Viertel der neuen Patienten gestorben.

Anders herum ist es vielleicht noch einfacher zu begreifen:

Über den gesamten Epidemiezeitraum hat immerhin einer von drei Ebolakranken überlebt, die aktuelle Überlebenschance liegt aber nur noch bei einem von vier - mit abnehmender Tendenz ...

 
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RE: Ebola

#51 von Spitze Feder , 19.05.2019 21:56


Je
länger man es in sich gären lässt, desto mehr Murks fällt einem auf. Es gibt nämlich noch einen systematischen Fehler in den Zahlen - hierzu die neuesten 'Disease outbreak news':

Zitat
350 cases reported in the last 21 days between 24 April – 14 May 2019
...
As of 14 May, a total of 1739 confirmed and probable EVD cases have been reported, of which 1147 died (case fatality ratio 66%) ... Of the EVD patients who received care at ETCs, 459 have been successfully discharged.


1147 / 1739 = 65,96%, so weit scheint die Rechnung richtig.

Aber sind das überhaupt die relevanten Zahlen?

Mit den angegebenen Zahlen kann man berechnen, wie viele Patienten derzeit noch behandelt werden: 1739 - (1147 + 459) = 133.

Bei diesen 133 Patienten ist das Schicksal aber noch nicht entschieden, die können überleben oder auch nicht. Die Art, wie die WHO in ihren Berichten die Überlebensrate berechnet, eignet sich dagegen erst nach Ende der Epidemie. Korrekt (über den gesamten Ausbruchszeitraum) ist also:

1147 / (1739 - 133) = 71,4%.

Das ist doch ein ziemlicher Unterschied. Die Berechnung für die letzte Zeit schenke ich mir für diesmal, das Wochenende war stressig genug.

Und es gibt noch mehr 'Interessantes':

Zitat
Of particular concern are the community deaths ... Community deaths denote all EVD (confirmed and probable) cases who died outside of an ETC/TC. This includes cases who die at home, as well as those who die within public/private hospitals and other health centres. On average, community deaths comprise approximately 40% of cases reported each week. This proportion fluctuates on a weekly basis, ranging from 28% to 43% of cases since the beginning of April after peaking as high as 71% in February.


Community Deaths. Wie soll man das übersetzen ? Wahrscheinlich lässt man es besser, oder umschreibt es.

Wichtig ist aber: Ein ziemlicher Teil der Patienten verstirbt an Orten ohne oder nur mit gering bzw. unspezifisch qualifizierter medizinischer Versorgung und zu geringen Quarantänemassnahmen. Es hat ja seinen Grund, warum spezielle Ebola-Behandlungsstationen aufgebaut werden. 28 Prozent sind schon ein ziemliches Risiko für unnötige weitere Infektionen, über 70 Prozent in der Folge von Kämpfen rivalisierender Warlords und der Armee in der Gegend sind eine Katastrophe. Das Ergebnis sieht man in der Grafik 1 des Berichtes.

Zitat
It is anticipated that the rising case figures will continue within the hotspot areas in the coming weeks given the resumption of most major response activities, which will lead to the detection of more cases. The increased transmission rates witnessed recently continue to demonstrate a heightened risk of EVD spreading


Kein POlitiker könnte das besser, die steigenden Fallzahlen liegen u.a. daran, dass man wieder aktiver wird und dann mehr Fälle entdeckt.

Aber international soll man sich nach Meinung der WHO keine unnötigen Sorgen machen, obwohl:

Zitat
The last assessment concluded that the national and regional risk levels remain very high, while global risk levels remain low. Weekly increases in the number of new cases has been ongoing since late February 2019. A general deterioration of the security situation, and the persistence of pockets of community mistrust exacerbated by political tensions and insecurity, especially over the past four weeks, have resulted in recurrent temporary suspension and delays of case investigation and response activities in affected areas, reducing the overall effectiveness of interventions ... The high proportion of community deaths reported among confirmed cases, relatively low proportion of new cases who were known contacts under surveillance, existence of transmission chains linked to nosocomial infection, persistent delays in detection and isolation in ETCs, and challenges in the timely reporting and response to probable cases, are all factors increasing the likelihood of further chains of transmission in affected communities and increasing the risk of geographical spread both within the Democratic Republic of the Congo and to neighbouring countries. The high rates of population movement occurring from outbreak affected areas to other areas of the Democratic Republic of the Congo and across porous borders to neighbouring countries during periods of heightened insecurity further compounds these risks.


Also: Business as usual. Gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen. Und machen sie sich schon gar keine Gedanken darüber, wie weit man auch aus dem Kongo innerhalb der durchschnittlichen Inkubationszeit von Ebola reisen könnte ...

 
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RE: Ebola

#52 von Spitze Feder , 29.11.2019 21:58


E
in halbes Jahr ist der letzte Post her, lange Zeit stand die Entwicklung auf der Kippe, endlich scheint das Ende der Epidemie näher zu kommen. Nur sechs Fälle in der Berichtswoche, 19 in den letzten drei Wochen, und auch die Überlebensraten scheinen jetzt deutlich zu steigen:

Latest numbers as of 29 November 2019
...
Total of 3309 cases ..., including 2200 deaths, 1077 survivors, and patients still under care.

(Diese Zahlen werden ständig aktualisiert)

Warum man sich die letzte Zahl immer selbst berechnen muss?
3.309 - (2.200 + 1.077) = 32 (Patienten in Behandlung). Diese Zahl war früher im Vergleich mit den neuen Fallzahlen oft erschreckend niedrig. Wie schlimm es aussieht, wenn die ärztliche Versorgung nicht funktioniert, habe ich im Statistik-Thread berechnet.

Aber es gibt immer noch Probleme:

Kongo: Angreifer töten mehrere Ebola-Helfer

Zitat
... Rebellen haben im Ost-Kongo ein Behandlungszentrum der Weltgesundheitsorganisation (WHO) angegriffen ...


Schon in den Tagen vorher war es zu Gewaltausbrüchen gekommen:

Ebola-Helfer im Kongo ziehen nach Gewaltausbruch ab

Zitat
... Aufgebrachte Demonstranten hatten am Montag in der Stadt Beni im Ost-Kongo ein Rathaus sowie einen Stützpunkt der UN-Friedenstruppen gestürmt und geplündert ...


Und da sich eine Epidemie aus einem einzelnen Fall entwickeln kann, bedeutet die Gewalt in der Region ein ständiges Risiko, dass die Epidemie wieder aufflammt. Entsprechend sind die Fallzahlen der letzten Monate teilweise recht eng mit Kampfaktivitäten korreliert.

Hoffentlich lässt sich dieser Ausbruch endlich beenden.



Man muss viel gelernt haben, um über das, was man nicht weiß, fragen zu können.

(Jean-Jacques Rousseau) - - -
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zuletzt bearbeitet 29.11.2019 | Top

RE: Ebola

#53 von Spitze Feder , 05.12.2019 16:44


B
ewaffnete Gewalt ist ein Problem, terroristische Gewalt ein noch grösseres. Im Kongo trifft gerade verschiedenes aufeinander. Reuters meldet:

Suspected Islamists kill at least 19 in latest east Congo attack

Schon eine Woche her, aber was heisst das schon. Mir war bisher gar nicht bewusst, dass es im Kongo relevante Zahlen an Muslimen (und in der Folge Islamismus) geben könnte, aber Wikipedia meldet unter Berufung auf das Auswärtige Amt 10% Muslime in der Bevölkerung des Kongo, und der IS hat anscheinend auch einen Fuss in der Tür:

Zitat
... blamed the attack on the Allied Democratic Forces (ADF), a jihadist rebel group ...Several previous ADF attacks have been claimed by Islamic State ...


Nur die Benennung als 'demokratisch' passt nicht so ganz, aber gerade bei Islamisten ist jede Täuschung erlaubt.

Und das alles in einem Gebiet ohne wirksame staatliche Kontrolle und mit einer hochansteckenden tödlichen Krankheit ...



Man muss viel gelernt haben, um über das, was man nicht weiß, fragen zu können.

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