RE: Syrien

#1 von Spitze Feder , 07.02.2017 10:20

Über Syrien hätte es ja auch genug zu schreiben gegeben. Heute Morgen dann eine Eilmeldung:

Amnesty: Tausende Hinrichtungen in Gefängnis in Nord-Damaskus

Amnesty zu Syrien: Bericht über Massenhinrichtungen mit 13.000 Toten

Zitat
Die Henker kamen jede Woche. Sie nahmen Häftlinge mit, jedes Mal bis zu 50 Personen. Dann hängten sie sie auf - unter größter Geheimhaltung
...
Nach Schätzungen syrischer Menschenrechtler sind seit 2011 sogar bis zu 50.000 Menschen in Regierungsgefängnissen gestorben. Vor drei Jahren waren mehr als 50.000 Fotos von Toten bekannt geworden, die ein früherer Militärfotograf mit dem Decknamen Caesar 2013 aus dem Land geschmuggelt hatte


Die Versuchung, die Meldung unter Propaganda abzulegen, war gross - obwohl ich Assad so etwas durchaus zutraue. Aber der Zeitpunkt ist wieder einmal zu günstig: Syrien scheint ganz langsam wieder einem Frieden näherzukommen (oder zumindest dem, was man in der Gegend als Frieden bezeichnet), die Russen haben ihre Kräfte zu einem Gutteil zurückgezogen, Trump hat auf Krieg in Syrien auch keinen Bock - da muss man eben die Leichen wieder aus dem Keller holen. Bei dem Ausmass muss man sich natürlich fragen, warum Assad nicht auf die eine oder andere Weise beseitigt wurde, da erzählt mir keiner, dass es absolut keine Möglichkeiten gab.

Und die Berichterstattung heute ist eben auch wieder etwas merkwürdig: "bis zu 50.000 Menschen in Regierungsgefängnissen gestorben. Vor drei Jahren waren mehr als 50.000 Fotos von Toten bekannt geworden" klingt für mich nach +/- 50.000 durch Fotos nachgewiesenen Leichen. Dummerweise kann man auf Google den Zeitraum der Suche frei wählen (das können die Alternativen m.W. nicht), und da finde ich z.B. diesen Artikel vom Januar 2014:

Erschütternde Bilder: Assad lässt systematisch foltern und töten

Zitat
Caesar stand demzufolge noch in den Diensten Assads, als er bereits heimlich mit der syrischen Opposition zusammenarbeitete ... Insgesamt handelt es sich um 55.000 Fotos aus dem Zeitraum März 2011 bis August 2013. Sie zeigen 11.000 getötete Syrer.


Das ist kein qualitativer Unterschied, aber ein Faktor fünf ist doch ein quantitativer Unterschied, der im Qualitätsjournalismus nicht untergehen dürfte.

In der Eilmeldung von Yahoo ist noch etwas Seltsames:

Zitat
Ein früherer Gefängnisinsasse, Omar Alschorge ... der nun in Schweden lebt. Nach neun Monaten in Saidnaja kaufte er sich nach eigenen Angaben im Jahr 2015 frei, er war zu der Zeit an Tuberkulose erkrankt und auf 35 Kilo abgemagert.


Ein Todkranker kann sich auf einmal freikaufen und schafft dann den Weg von Syrien nach Europa ? Wo nimmt er die Mittel her, für das eine wie das andere (die Reise dürfte er kaum ohne intensive Hilfe geschafft haben) ?
Natürlich kann seine Familie das nötige Geld zusammengesammelt haben. Aber das ist doch ein ziemlicher Unterschied.

Und bei mir stellt sich immer wieder die Frage, wenn man Beweise für fast unglaubliche Gräuel hat (man kann ja mal versuchen, sich die Zahlen als Bewohner von Ortschaften oder Stadtvierteln vorzustellen ), warum ist es dann immer noch nötig, mit angreifbaren Formulierungen einen drauf zu satteln ? Selbst, wenn die meisten Leser gedankenlos genug sind, um die ganzen Ungereimtheiten kritiklos zu inhalieren ?

Und dann kommt das als Eilmeldung über Vorgänge, die seit drei Jahren bekannt sein müssten (und an mir wohl wegen Umzugsstress vorbeigegangen sind). Eilig ist offenbar nur das Bedürfnis im Mainstream, Syrien weiter am Köcheln zu halten. Hatte man ja fast sträflich vernachlässigt. Es wurde ja sogar schon vorgeschlagen, die Syrienflüchtlinge sollten zurück in ihre Heimat. Muss man sich mal vorstellen ...

 
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RE: Syrien

#2 von Spitze Feder , 03.07.2017 02:46


Fast eine halbe Million syrische Binnenvertriebene seit Januar zurückgekehrt


Ein besseres Argument für kurze 'Fluchtwege' kann es gar nicht geben. Allerdings schreibt ET da auch Murks:

Zitat
Fast eine halbe Million syrische Binnenvertriebene sind nach UN-Angaben seit Jahresbeginn in ihre Heimatorte zurückgekehrt. Die meisten von ihnen hatten in der Türkei Zuflucht gesucht


Wenn sie ins Nachbarland gegangen sind, sind es per definitionem eigentlich keine Binnenvertriebenen, auch wenn die Reise vielleicht wirklich kurz war. Aber was soll's: Je kürzer die Flucht, desto schneller und wahrscheinlicher die Heimreise, und desto besser für die alte Heimat.

 
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RE: Syrien

#3 von Spitze Feder , 03.09.2017 21:45


390.000
Syrer, die zwar kein Asyl, aber subsidiären Schutz bekommen haben, sollen demnächst ihre Familien nach Deutschland nachholen dürfen.

Dabei ist Syrien inzwischen kein reines Bürgerkriegsland mehr (wenn es das je war):

Der Aufbau beginnt

Zitat
Auf der 59. Internationalen Messe, die am vergangenen Wochenende in Damaskus nach einem Rekordbesuch von 2,2 Millionen Menschen zu Ende ging, wurden Verträge mit Russland, Iran, China, Indien und anderen Ländern über Wiederaufbauprojekte abgeschlossen. Doch die Menschen wollen und können nicht warten und kehren bereits in ihre zerstörten Häuser und Wohnungen zurück


Es ist zwar durchaus nicht so, dass Syrien inzwischen völlig ungefährlich wäre:

Raketeneinschlag auf der Messe Damaskus - fünf Tote

Aber solche Anschläge lassen sich auch in Europa inzwischen nirgendwo mehr ausschliessen - also wozu immer mehr Menschen hierher holen, anstatt Syrien wieder aufzubauen ?

 
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RE: Syrien

#4 von Spitze Feder , 14.09.2017 22:21


Assad gewinnt „Kontrolle über ein völlig zerstörtes Land“ – 170 Milliarden Euro für Wiederaufbau nötig


Hätte man in Deutschland und vielen Teilen Europas nach dem Zweiten Weltkrieg diese Frage gestellt, dann sässen wir vielleicht heute noch auf Trümmerbergen. Ja, wir haben Hilfe bekommen, materiell und finanziell. Aber das Wirtschaftswunder kam doch wohl mehr daher, dass sich alle an die Arbeit gemacht und aufgebaut haben - und jede Leistung dabei hat zu Wirtschaftswachstum geführt und die Leistungsfähigkeit weiter erhöht. Die Anschubfinanzierung wird heute noch von der KfW recycelt.

Die Frage nach der Finanzierung wird hier falsch gestellt - allerdings vermutlich mit Absicht. Wie auch in anderen Ländern geht es heute darum, den Wiederaufbaukuchen international an die 'Richtigen' zu verteilen. Die Leistung, und mehr noch die Finanzierung, soll gar nicht mehrheitlich aus dem Land selbst - und damit dem Land wieder zugute - kommen. Möglichst viel soll im Ausland landen. Und da es vor Ort nach dem Krieg nicht mehr viel abzusahnen gibt (vom Öl abgesehen, das man gut als Sicherheit für die Kredite nehmen kann), muss viel mehr Geld gepumpt werden, damit die Sache möglichst schnell und reibungslos läuft.

Vielleicht wäre das ein lohnendes Thema für etliche Diplom- und Doktorarbeiten, den Wiederaufbau nach WKII mit dem Wiederaufbau nach Kriegen seitdem zu vergleichen. Aber Vorsicht: Im derzeitigen System könnten die Ergebnisse wenig karrierefördernd sein.

 
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RE: Syrien

#5 von Spitze Feder , 24.09.2017 22:29


Westen lehnt Hilfe für Wiederaufbau Syriens ab: Nicht das Ende der Gewalt, sondern Regime-Change am wichtigsten

Zitat
„Wir glauben, dass der einzige weiterführende Weg in einem politischen Prozess besteht, und den Iranern, den Russen und dem Assad-Regime klargemacht werden muss, dass wir den Wiederaufbau Syriens nicht unterstützen, solange es keinen politischen Prozess gibt. Und das bedeutet, wie auch die UN-Resolution 2254 sagt, einen Übergang weg von Assad", so Johnson.


Könnte das ev. Fake-News sein ? Denn wenn es wahr ist, dann bestätigt es gewisse VT:

Großbritannien - Kein Wiederaufbau in Syrien ohne politischen Wandel

Zitat
“Wir glauben, dass der einzige Weg nach vorn ist, einen politischen Prozess in Gang zu setzen und den Iranern, den Russen und dem Assad-Regime klarzumachen, dass wir, die gleichgesinnte Gruppe, den Wiederaufbau Syriens so lange nicht unterstützen, bis es einen solchen politischen Prozess gibt”, sagte Johnson. Das bedeute einen Übergang weg von Assad, so wie es in der UN-Resolution 2254 stehe


Leicht abweichende Übersetzung, aber derselbe Gehalt. Von Reuters.

Also ist es wahr: Die Beseitigung Assads ist auch nach Jahren des Krieges und furchtbaren Zerstörungen in weiten Landesteilen wichtiger als Frieden in Syrien.

Drecks-POlitik.

 
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RE: Syrien

#6 von Spitze Feder , 18.10.2017 01:20


Terrormiliz IS verliert inoffizielle Hauptstadt Al-Rakka


Ändert leider wenig (s.o.).

Und der IS sucht sich längst neue Betätigungsfelder.

 
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RE: Syrien

#7 von Spitze Feder , 06.12.2017 21:39


Als Tourist in Aleppo – Syrien 2017: „Es gibt weitaus weniger Zerstörung in Aleppo, als die Medien berichtet haben“


Man kann jede Gegend und jede Stadt so fotografieren, dass es wie eine mittlere Katastrophe aussieht. Andersrum ist manchmal schwieriger, aber meist auch nicht unmöglich.

 
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RE: Syrien

#8 von Spitze Feder , 15.04.2018 23:25


Ok, ok, man hat die Sache wieder heruntergefahren, oder es war von Anfang an nur Show. Also aus dem Weltkriegsfaden wieder in den 'Globus':


Reaktionen auf Angriff: Die Welt ist gespalten

Muss einen nicht wundern, bei den kaum zu zählenden Ungereimtheiten. Frankreich hat Beweise für Chlorgas, die USA haben jetzt (alles noch vor der offiziellen Untersuchung) Sarin gefunden:

USA hat Hinweise auf Einsatz von Nervengas Sarin

Wozu das gut sein sollte, kurz vor der absehbaren und inzwischen erfolgten kompletten Einnahme des Gebietes, dazu schweigen unsere Medien weiterhin.

Ein Grund für die relative Unaufgeregtheit der Russen dürfte sein, dass keinerlei Militäranlagen beschädigt wurden, sondern wie es aussieht nur chemische Anlagen und Lagerstätten für Chemikalien. Angesichts der Zahl der eingesetzten Waffen ist allerdings mehr als fraglich, ob wirklich nur die drei getroffenen Ziele anvisiert wurden:

Pentagon-Video zeigt Angriff von Tomahawk in Syrien

Zitat
Gut hundert Raketen feuerten die USA, Großbritannien und Frankreich in der Nacht zum Samstag als Reaktion auf den mutmaßlichen Giftgaseinsatz in der syrischen Stadt Duma auf syrische Stellungen ab. Dabei wurden nach US-Angaben drei Anlagen in der Hauptstadt Damaskus und nahe Homs getroffen, die als Forschungs-, Produktions- und Lagerstätten für Chemiewaffen gedient haben sollen

Das ist ein äusserst mageres Ergebnis. Von daher könnte es sich durchaus auch um einen Test der Effektivität der syrisch-russischen Luftverteidigung gehandelt haben.

Jatzt sind wieder die 'Diplomaten' am Zug:

Haley kündigt neue Sanktionen gegen Russland an

Maas nimmt Russland in die Pflicht

Am vernünftigsten scheint mir Putin zu sein:

Russland warnt vor internationalem Chaos

Aber ich habe ja auch sonst oft seltsame Meinungen ...

 
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RE: Syrien

#9 von Spitze Feder , 18.04.2018 20:18


The search for truth in the rubble of Douma – and one doctor’s doubts over the chemical attack

Zitat
“I was with my family in the basement of my home three hundred metres from here on the night but all the doctors know what happened. There was a lot of shelling [by government forces] and aircraft were always over Douma at night – but on this night, there was wind and huge dust clouds began to come into the basements and cellars where people lived. People began to arrive here suffering from hypoxia, oxygen loss. Then someone at the door, a “White Helmet”, shouted “Gas!”, and a panic began. People started throwing water over each other. Yes, the video was filmed here, it is genuine, but what you see are people suffering from hypoxia – not gas poisoning.”


Dieser Arzt behauptet, Ursache der Beschwerden sei Sauerstoffmangel in den stickigen Kellerräumen aufgrund speziell ungünstiger Witterungsbedingungen neben den Angriffen an diesem speziellen Tag gewesen.

Nachdem die offiziellen Untersucher ja bisher nicht arbeiten konnten wäre das plausibel. Aber woher haben Amis, Briten und Franzosen ihre angeblichen chemischen Nachweise verschiedener chemischer Kampfstoffe ?

Nicht vergessen, das erste Opfer eines Krieges ist die Wahrheit.

 
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