RE: Gesetzeslücken & Überregulation

#1 von Spitze Feder , 28.12.2016 10:12

In Zusammenhang mit dem Terroranschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin zeigt sich ein Loch in unserem sozialen Netz, das im Gesetz explizit herbeigeführt wird:

Rechtslücke:
Anschlagsopfer erhalten laut Gesetz keine Entschädigung


Nein, es ist eben keine "Rechtslücke". Paragraph 1 des Opferentschädigungsgesetzes (interessanterweise, es gibt auch §2 - Versagensgründe) bestimmt nämlich unter anderem:

Dieses Gesetz ist nicht anzuwenden auf Schäden aus einem tätlichen Angriff, die von dem Angreifer durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers verursacht worden sind.

Aber Rettung naht - unsere Bunte Regierung will nicht nur diesen Passus bei der schon länger anstehenden Überarbeitung des Opferentschädigungsgesetzes prüfen, sondern kennt auch weitere zuständige Stellen:

Anschlagsopfer erhalten Entschädigung

Zitat
Nach Angaben des Arbeitsministeriums können die Opfer des Anschlags von Berlin Ansprüche gegenüber dem Entschädigungsfonds für Schäden aus Kraftfahrzeugunfällen geltend machen. Zudem könnten Härteleistungen aus Haushaltsmitteln des Bundes beantragt werden.

Auf komplett freiwillige, mglw. noch 'unbürokratische' Leistungen verlässt man sich nach der Erfahrung der letzten Jahre auch in Deutschland besser nicht. Mit diesem Entschädigungsfonds sollte man sich aber gelegentlich vielleicht mal beschäftigen ...

 
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RE: Gesetzeslücken & Überregulation

#2 von Spitze Feder , 03.01.2017 18:10


Bundesverfassungsgericht entscheidet: Bayern muss Teil der Bundesrepublik bleiben – Klage eines Bürgers gescheitert


Schade, schade, ET, eure Überschrift ist schon wieder falsch, sie haben sich gedrückt:

Zitat
Die Klage eines Bürgers auf eine Volksabstimmung über den Austritt des Freistaats wurde in Karlsruhe nicht zur Entscheidung angenommen
...
Zur Begründung hieß es, die Länder seien nicht die „Herren des Grundgesetzes“.


Tja, aber die Bürger sollten es sein. Natürlich dann die Bürger ganz Deutschlands.

Das kommt dann allerdings aufs selbe raus: Bei der derzeitigen politischen Gemengelage bekommt kein Nettozahler die Bewilligung zum Austritt.

 
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RE: Gesetzeslücken & Überregulation

#3 von Lonovis , 03.01.2017 18:36

Ja, wie ist das denn eigentlich? Wir sind ja von knapp 26 Jahren dem Geltungsbereich des Grundgesetzes beigetreten. Kann man da auch wieder austreten?

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RE: Gesetzeslücken & Überregulation

#4 von Lord Whisper , 03.01.2017 18:43

Zitat von Lonovis
Ja, wie ist das denn eigentlich? Wir sind ja von knapp 26 Jahren dem Geltungsbereich des Grundgesetzes beigetreten. Kann man da auch wieder austreten?



Die Verfassungsrichter sagen nein.
Im Grundgesetz ist nur der Eintritt geregelt. Einen Ausgang gibt es nicht.

Einmal beigetreten bedeutet ein Treuegeschwür für die Ewigkeit.

 
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RE: Gesetzeslücken & Überregulation

#5 von Spitze Feder , 24.01.2017 09:43

Zitat von Lord Whisper
Einmal beigetreten bedeutet ein Treuegeschwür für die Ewigkeit.


Das wurde bis vor relativ kurzer Zeit auch für EU und EUro behauptet.

Aber jetzt kommt etwas, das ist nicht nur hirnrissig, es scheint auch rein deutscher Qualitätsunfug zu sein:

Verordnung bremst Elektroautos: „Meine Teslas kann ich einstampfen“

Zitat
Bundesweit darf derzeit kein Fahrzeug mehr als Taxi zugelassen werden, dass nicht vom Hersteller auch als Taxi verkauft wurde
...
kaum ein Hersteller bietet bislang ein bereits umgerüstetes Elektro-Taxi an


Gerade bei Taxis, die sich mit meist kurzen Fahrten und längeren Wartezeiten dazwischen für E-Mobilität wirklich anbieten. In den Niederlanden ist es weiter erlaubt. Seltsam:

Zitat
Allein Nissan hat derzeit einen Vertrag mit einem Dienstleister namens Intax, der die Elektromodelle der Japaner vor dem Verkauf zu Taxis umrüstet


Aha. Die machen das also auch nicht selbst, und schon gar nicht bei der Produktion, sondern lassen nachträglich extern umrüsten. Wo liegt also das Problem ? Hat dieser Dienstleister wenigstens irgendein Extra-Zertifikat, oder reicht dafür der Vertrag mit dem Autokonzern ?

Kaum ins Gewicht fällt dabei dieser kleine Verschreiber im Text:

Zitat
Damit will der Hersteller Manipulationen am Taxameter verhindern


Welcher Hersteller hat denn da die neue deutsche Eichverordnung geschrieben ? Oder ist da gerade mal wieder ein Stückchen erfolgreiche Lobby-Arbeit aufgeflogen ?

 
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RE: Gesetzeslücken & Überregulation

#6 von Spitze Feder , 18.02.2017 10:12


Z
um theoretischen Hintergrund der moralischen Folgen ausufernder Regulierung im täglichen Leben:

Graue Salbe: Der ehrbare Kaufmann: Alles geregelt?

Zitat
(1.) Umso mehr reguliert wird, umso so seltener muss man ein moralisches Urteil fällen, ohne sich auf eine spezielle Regel berufen zu können ... Die Fähigkeit der ethischen Auseinandersetzung geht verloren
...
(2.) Umso komplexer und spezieller Regelungen werden, umso mehr laufen sie Gefahr sich entweder untereinander zu widersprechen oder sie widersprechen allgemeinen moralischen Überlegungen. Moralisch eindeutig kann man sich dann irgendwann nicht mehr verhalten. Eine hohe Regelungskomplexität führt unweigerlich zu einer Wischi-Waschi-Ethik, selbst wenn die Gesetzgeber eigentlich hohe moralische Maßstäbe an die einzelne Regelung gelegt hatten.


Und so kommt es dann zu den typischen gesellschaftlichen Auswüchsen unserer Zeit, wo es nicht mehr um Realität, sondern nur noch um Regeln geht, wobei man regelmässig feststellt, dass die Regeln den ihnen angeblich zugrunde liegenden moralischen Prinzipien um so häufiger widersprechen, je verzweifelter man versucht, das Leben bis ins letzte zu regeln.

Neben Diskriminierungsfragen und fehlgeleitetem 'Umweltschutz' offenbart sich das auch schon länger in firmeninternen Verhaltensvorschriften, zu denen sich Mitarbeiter per Unterschrift verpflichten sollen, die aber nach dem (internen, nicht öffentlichen) Willen des Managements den Kunden gegenüber bereits nur noch sehr eingeschränkt gelten sollen, und im Verhältnis Firma zu Mitarbeiter natürlich erst recht nicht (aber auch das darf niemand laut sagen).

Da kann man dann auch keine 'moralischen Massstäbe' bei den Herausgebern mehr vermuten, das dient nur noch dem eigenen Vorteil um jeden Preis. Es wird aber nur deswegen akzeptiert und kann vordergründig funktionieren, weil den Menschen heute bereits weitgehend abgewöhnt wurde, eigene Wertmassstäbe zu besitzen und anzuwenden.

In alter Zeit nannte man so etwas 'Gewissen'.

Aber das ist ja sowas von altmodisch ...

 
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RE: Gesetzeslücken & Überregulation

#7 von Spitze Feder , 22.03.2017 10:58


Rutschpartie auf der schiefen Ebene: Maas: Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG)


Es geht nicht um die Strafbarkeit irgendwelcher Aussagen, die ist ja bereits gegeben:

Zitat
„Rechtswidrige Inhalte sind Inhalte im Sinne des Absatzes 1, die den Tatbestand der §§ 86, 86a, 90, 90a, 111, 126, 130, 140, 166, 185 bis 187, 241 oder 269 des Strafgesetzbuchs erfüllen.“
...
Die gelöschten Inhalte müssen nach § 3 Abs. 2 NetzDG – E zeitlich unbegrenzt gespeichert werden


Herrliche Formulierungen, die '"gelöschten Inhalte" dürfen also nicht gelöscht werden, sondern müssen gut gesichert werden - man braucht sie ja als Beweismittel. Aber viel wichtiger:

Zitat
der Betreiber muss den Inhalt des Netzwerkes aktiv nach weiteren Kopien der Inhalte durchsuchen


Klingt erstmal logisch, wirft aber Fragen auf, und führt je nach Antwort auf diese Fragen zu technischen Problemen:

Ist eine "weitere Kopie" nur eine Wiedergabe im exakten Wortlaut, oder fallen darunter auch veränderte Versionen ? Wird nur die Hälfte zitiert, werden im Zitat Teile mittendrin entfernt, oder werden bewusst oder unbewusst Schreib- oder Grammatikfehler eingebaut, ist es für den Betreiber dann strafbar, diese Inhalte nicht zu finden ?

Eine exakte Kopie kann man problemlos automatisch suchen lassen, sowohl der personelle Aufwand als auch der Rechenaufwand ist da begrenzt. Die Suche nach leicht veränderten Inhalten ist da etwas ganz anderes. Da gibt es mit wachsender Textlänge schnell fast unendlich viele Variationsmöglichkeiten, auch bei den Schlagworten. Und wenn man typische Variationen automatisch behandeln will gerät man auch schnell in Konflikt mit ganz normalen Formulierungen, und da ist es egal, ob man bereits beim Posten bestimmte Worte automatisch zensieren will oder als Ergebnis aus einer bestehenden Datenbank filtert.

Dieses "Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken" ist auf jeden Fall geeignet, jedem grösseren Betreiber (bisher soll es ja nur für mindestens siebenstellige Nutzerzahlen gelten) massive Probleme zu machen, selbst wenn der Betreiber die monierten Einträge wirklich nicht will und nach besten Kräften entfernt. Und damit richtet sich das Gesetz mal wieder in erster Linie gegen die freie Meinungsäusserung aller und weniger gegen den Prozentsatz an Chaoten und Hetzern (agents provocateurs mal ganz aussen vor).

Das Internet ist nicht anonym, der Staat hat schon öfter bewiesen, dass auch im 'Netz' Strafverfolgung für Beleidigungen, Hetze und illegale 'Verabredungen' möglich ist, wenn es gewünscht wird. Genauso wird bisher jeden Tag bewiesen, dass politisch opportune Hetze nicht oder allenfalls extrem zögerlich geahndet wird.

Man darf gespannt sein, ob sich durch dieses neue Gesetz daran etwas ändern wird.

Oder eigentlich eher nicht.

Spannung würde ja einen offenen Ausgang der Angelegenheiten voraussetzen ...

 
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RE: Gesetzeslücken & Überregulation

#8 von Spitze Feder , 24.04.2017 14:49


Ganz
anderes Thema: Wir sind ja für restlos alles und jeden auf der Welt verantwortlich. Für restlos alles ? Nein:

Bettelnde Kinder auf den Straßen

Zitat
mitten in der Neustadt. Dort kauern regelmäßig Jungen auf der Straße. Wie alt sie sind, ist schwer zu schätzen. Unter 16 Jahren auf jeden Fall, manche vielleicht gerade sechs


Es sind natürlich keine 'Kinder von hier', egal, ob mit mitteleuropäischem Stammbaum oder zugewanderte, denn dann gäbe es für sie Vorschriften:

Zitat
ab dem sechsten Lebensjahr gilt die Schulpflicht. Jedoch nur für Kinder mit festem Wohnsitz in Deutschland, so das Schulverwaltungsamt


Natürlich kann man die Schulpflicht nicht auf jede Touristenfamilie ausweiten, aber etwas mehr als bisher sollte doch zu machen sein:

Zitat
Bisher gibt es neben dem Platzverweis nur ein Mittel für die Behörden. Greifen sie einen aggressiv bettelnden Jungen oder ein Mädchen ohne Eltern vom Ordnungsamt auf, wird es zum Kinder- und Jugendnotdienst gebracht. Inobhutnahme heißt das im Behördendeutsch. Doch hier bleiben die Kinder aus Rumänien, Tschechen oder Bulgarien meist nicht lange ... In der Regel werden sie nach ein paar Stunden oder am nächsten Tag wieder abgeholt


Und das gilt wie gesagt nur bei 'aggressiver' Bettelei. Einfach nur so das Kind irgendwo hinsetzen, Pappbecherchen davor, und so einschüchtern, dass es nicht Spielen geht: Für Zu- und Durchreisende kein Problem. Denn:

Zitat
Betteln an sich ist erlaubt ... Das gilt natürlich auch für Kinder. Verboten ist lediglich aggressives Betteln. Also mit wiederholtem Ansprechen, Anfassen oder Betteln mit Tieren ... Auch bei wiederholtem Schnorren der Kinder müssen die Eltern nicht mit einer Geldstrafe oder anderen Sanktionen rechnen


So ist das eben. Wir kümmern uns um fast alles auf der Welt. Manche Kinder sind aber sogar innerhalb Deutschlands aussen vor.

 
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RE: Gesetzeslücken & Überregulation

#9 von Spitze Feder , 31.05.2017 09:49


Ein Fake-Gesetz? NetzDG: Schockierende Enthüllung zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz

Zitat
Wie der Medienanwalt Marc Liesching nun auf Basis einer Anfrage an das Justizministerium offenlegt, stützt Maas seine Argumente für die Notwendigkeit des Gesetzes allein auf eine Untersuchung von wahrscheinlich befangenen Laien, die sich sein Ministerium nicht einmal genauer angeschaut hat


Sie hatten sicher einige Pluspunkte auf dem PC-Fleisskärtchen gesammelt ...

Zitat
nur zwei der 24 im NetzDG genannten Straftatbestände untersucht habe. Einer davon – auch noch zahlenmäßig der bei weitem wichtigere – war ausgerechnet der schwierige Tatbestand der Volksverhetzung


Schwieriger Tatbestand ? Ach was - das kann einem jeder Antifant aus dem ff erklären. Und wenn es am Ende dann doch nicht so war, ist das Ziel trotzdem erreicht: Ein einmal in den Verdacht der VolXverhetzung Gekommener hat in Deutschland normalerweise keine berufliche Zukunft mehr. Auch deswegen ...

Zitat
„Das BMJV hat von den konkreten Inhalten der gemeldeten strafbaren Beiträge keine eigene Kenntnis“ ... So wird in dem Antwortschreiben auch begründet, warum man von keinem einzigen Fall weiß, in dem die jeweils 180 Fälle „strafbarer“ Inhalte zumindest in einem Fall zu Strafermittlungsverfahren geführt hätten


Das ist allerdings ein Skandal: Eine dreistellige Zahl von Volksverhetzungen, von denen keine einzige verfolgt wird. Ist das am Ende doch nicht so wichtig - oder waren die Leute zu unwichtig, um sie zu verfolgen, nachdem man ja regelmässig das eine oder andere Exempel statuiert ? Man will sich ja auch nicht unnötig Arbeit machen. Und manchmal ist es ja auch nützlich, noch ein Verfahren in der Hinterhand zu haben - wer wüsste das besser als POlitiker.

Zitat
Reicht es der SPD, wenn ihr Minister sein Fleißkärtchen abholt, wissend, dass das Bundesverfassungsgericht diese monströse Absurdität von einem Gesetz erst nach der Bundestagswahl kippen wird?


Der SPD als Partei reicht das vielleicht. Den aktuell Regierenden wird wichtig sein, dass man ein Allround-Gesetz hat, mit dem man auch konstruktive Regierungskritik noch wirksamer unterdrücken kann.

Und wie ist das eigentlich mit dem BVerfG ? Normalerweise gibt das nur eine Aufforderung, ein Gesetz zu ändern. Und bis das passiert, bleibt da das alte Gesetz in Kraft, oder wird es ausser Funktion gesetzt ?

Denn der Gesetzgeber hatte es in der Vergangenheit oft nicht so eilig, BVerfG-Ratschlägen nachzukommen. Und diese Zeiten waren doch sicher dann nicht 'gesetzlos'.

 
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RE: Gesetzeslücken & Überregulation

#10 von Spitze Feder , 12.06.2017 19:04


Tödlicher Schuss aus Auto – aber keine Mordanklage


Es geht im Hintergrund um Drogenkriminalität, allerdings nicht um einen Migrantenbonus, wie mancher vielleicht voreilig vermuten würde.

Nein, der Fall hat eine ganz eigene Logik:

Zitat
Hintergrund der Tat war ein Streit der mutmaßlichen Täter mit dem Begleiter des späteren Opfers um Geld aus Drogengeschäften, wie es in der Anklage hieß. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass dieser Begleiter erschossen werden sollte und der Schuss auf tragische Art danebenging. So komme es, dass die Anklage auf versuchten Mord lautet, denn der Begleiter habe ja überlebt, erklärte der Richter.


Das eröffnet Strafverteidigern ganz neue Möglichkeiten, immer vorausgesetzt, der Mörder beherzigt eine einfache Grundregel:

In der direkten Umgebung des Getöteten muss sich ein weiteres potentielles Opfer aufhalten, das man dann später zum eigentlichen Ziel deklarieren kann.

 
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RE: Gesetzeslücken & Überregulation

#11 von Spitze Feder , 13.06.2017 09:45


Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages: “Netzwerkdurchsetzungsgesetz verfassungswidrig”

Zitat
Die Begriffe „Hate Speech“ und „Fake News“ seien mangels klarer gesetzlicher Definition problematisch.


Nix problematisch: Die Begriffe Hate Speech und Fake News sind gerade aufgrund ihrer fehlenden gesetzlichen Definitionen äusserst nützlich.

Den Fehler aus dem letzten Post möchte Maas eben vermeiden: Sobald man etwas sauber definiert, kann man sich ja Gedanken machen, wie man diese Definition umgeht.

Was das dann noch mit Rechtsstaat zu tun hat müssen schlauere Leute als ich es bin verstehen ...

 
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RE: Gesetzeslücken & Überregulation

#12 von Spitze Feder , 25.07.2017 19:06


Wenn
schon Sanktionen, dann aber richtig:

Durchsuchungsbefehl wegen Organisation einer Krim-Reise

Gesucht wird nach sämtlichen Unterlagen, denen sich "Informationen über die Organisation von Reisen in die Krim entnehmen lassen". Eine Hausdurchsuchung beim Vereinsvorsitzenden steht dabei in "angemessenem Verhältnis zur Schwere der Tat".

Was ist passiert: Der Verein West-Ost-Gesellschaft BW / Russlandbrücke hat eine Gruppenreise auf die Krim organisiert, obwohl die Erbringung von touristischen Dienstleistungen unter die derzeit geltenden Sanktionen gegen Russland fällt (warum darf man dann in Deutschland überhaupt noch ohne Sondererlaubnis Flugtickets nach Russland kaufen ?).

Die Schwere des Verbrechens ist beachtlich, wenn man sich folgenden Nachsatz des Berichtes der 1. Reise ansieht:

Lust auf mehr Krim??? Bei genügend Teilnehmerinnen und Teilnehmern (8-12) organisieren wir gerne. Mit Flug, Halbpension in guten Hotels und Programm kostete diese Reise bei 8 Tagen rund 1.500.– Euro. Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung: wog-bawue.de

Ja, da wird die komplette Aussenpolitik von EU und Bunter Regierung gefährdet, und daneben wahrscheinlich ein unglaublicher Reibach gemacht. Geht's noch ?

Ja, dieses Angebot über den Verein hinaus ist ungeschickt (im Rahmen eines Vereins, der sich um die deutsch-russische Freundschaft bemüht, wird man Russland ja hoffentlich noch besuchen dürfen).

Wenn es verboten ist, muss man eine Bestrafung natürlich zumindest prüfen. Deswegen einem Menschen unangemeldet die gesamte Bude auf den Kopf zu stellen (und vermutlich Computer etc. erstmal sicherzustellen, das freut einen dann zusätzlich) halte ich für leicht übertrieben. Überweisungsdaten haben die Herrschaften doch längst von den Banken eingeholt, oder etwa nicht ? Die Reise an sich steht ja nicht in Frage. Oder erwarten die zusätzliche Kontoauszüge in kyrillischer Schrift ?

Interessant übrigens noch so ein kleiner Satz in dem Akt:

Zitat
Die Durchsuchung erstreckt sich auch auf vom Durchsuchungsobjekt räumlich getrennte Speichermedien, soweit auf sie von den durchsuchten Räumlichkeiten aus zugegriffen werden kann.


Das ist die Genehmigung zur Durchsuchung von Cloud & Co. ...

 
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RE: Gesetzeslücken & Überregulation

#13 von Spitze Feder , 09.08.2017 00:19


Abstand zwischen Spielhallen Mehrzahl der 246 Kölner Betriebe wird schließen müssen

Zitat
Am 1. Dezember tritt eine Regelung des 2012 beschlossenen Glücksspielstaatsvertrags in Kraft, die vielen Betreibern von Spielhallen das Geschäft erschweren wird. Die Regelung besagt, dass zwischen zwei Spielhallen ein Mindestabstand von 350 Meter Luftlinie liegen muss


Das wird interessant: Wer entscheidet, wer dicht macht, und wer bleiben darf ? Man könnte natürlich versuchen, so viele 'Betriebe' wie möglich zu erhalten, aber da sicher viele verschiedene Geldwäscher ... äh ... Betreiber dahinter stecken wird es trotzdem Streit geben.

A propos Geldwäsche: Spielhallen sind nur ein Standbein. Und man kann ja nun nicht die Zahl der Telefonkartenverkäufer beschränken, oder am Ende noch die Zahl der Friseursalons (ohne Anmeldung !, weil meist leer), die wie Pilze aus dem Boden schiessen ?

Nein, auch da braucht man umfassendere Konzepte.

Zitat
Den gesetzlichen Regelungen zufolge ist über die Schließung bis Ende November 2017 zu entscheiden, die Verwaltung will die Auswahl aber „schnellstmöglich“ treffen. Welche Kriterien bei der Auswahl eine Rolle spielen werden, ist derzeit ebenfalls noch unklar. Mit Härtefallanträgen können die Betreiber betroffener Spielhallen dann gegen die Entscheidung vorgehen.


Das Leben könnte so amüsant sein ...

 
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RE: Gesetzeslücken & Überregulation

#14 von Spitze Feder , 14.08.2017 00:05


Was
hat man davon, seinen Ausweis offiziell zurückzugeben ?

Grüne in Bremen: „Reichsbürger“ sollen 5 Euro pro Tag für eine sichere Aufbewahrung ihres Ausweises zahlen

Andererseits muss man sich schon fragen, ob das legitim ist, Gebühren zu erheben, die nicht bei einem Mehrfachen, sondern bei einem unglaublichen Vielfachen des anfallenden Aufwandes liegen.

Aber um dagegen vorzugehen muss man die Gerichte anerkennen, das geht ja schon wieder nicht.

Andererseits ignorieren Reichsbürger doch Zahlungsaufforderungen des Staates, und eine grössere Vorauszahlung wäre schon mehr als seltsam - für welchen Zeitraum sollte sie anfallen ?

An dieser Front sind weiterhin Klappstühle und Chips gefragt.

 
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RE: Gesetzeslücken & Überregulation

#15 von Spitze Feder , 16.08.2017 00:06


Deutsches Gericht schützt den IS

Zitat
Das Landgericht Saarbrücken hat einen Syrer, der die Terrormiliz um Geld betrügen wollte, zu zwei Jahren Haft verurteilt
...
Darf ein Vermögen, das verbrecherisch erworben wurde und verbrecherisch eingesetzt werden soll, vom Recht geschützt werden?


Diese Vermögen sollen ja vom Staat eingezogen werden, um den absoluten Schutz kann es also nicht gehen.

Die Frage ist also: Sind Verbrechen unter Verbrechern straffrei zu stellen ? Und die Antwort darauf ist eindeutig: Nein.

Allerdings vermisse ich etwas: Die Aussetzung zur Bewährung. Unter Berücksichtigung der Umstände könnte es m.E. wirklich ausreichen, den Täter dringend zu ermahnen, ohne ihn in den Knast zu stecken. Wenn man sich überlegt, welche Art von Verbrechen in diesem Land regelmässig mit Bewährungsstrafen 'geahndet' werden, obwohl die Opfer u.U. lebenslang an den Folgen leiden - schlimmer kann ich den Versuch, eine Verbrecherorganisation zu betrügen, auch nicht sehen.

 
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RE: Gesetzeslücken & Überregulation

#16 von Spitze Feder , 03.09.2017 22:24


Passt
vielleicht nicht 100%ig, aber so ungefähr - und mir fällt gerade kein passender (und ungefährlicher) Threadtitel ein:

Münchner Skandal-Urteil kommt in den Fokus deutscher Medien

Zitat
durch die Abbildung des Großmuftis von Jerusalem beim Handschlag mit einem Vertreter der NSDAP einen Menschen muslimischen Glaubens in enger Nähe mit einem Hakenkreuz zeige und sich somit der Beschimpfung und Verunglimpfung einer ganzen Religionsgemeinschaft schuldig gemacht und die religiösen Gefühle ihrer Anhänger beleidigt habe. Er gefährde dadurch nachhaltig den öffentlichen Frieden und habe dies in vollem Wissen um die mögliche Weiterverbreitung des Bildes im Internet getan


Historische Bilder darf man i.d.R. straffrei verwenden, soweit man sie nicht für nationalsozialistische Propaganda nutzt. Wer den Islam kritisiert und historisch enge Beziehungen zwischen Muslimen und Nazi-Vertretern thematisiert, dem kann man eigentlich kaum Nazi-Sympathien vorwerfen. Das Bild bildet PI in einem Screenshot ab. Dasselbe Bild finde ich auf die Schnelle zwar nicht, aber etwas ähnlich Pikantes:

Netanjahus These: Was, ein Araber hat sich den Holocaust ausgedacht?

Der Artikel enthält ein Bild mit folgendem Inhalt: "Adolf Hitler empfängt den Großmufti von Jerusalem am 10. Dezember 1941"

Auf dem Ärmel Hitlers prangt zwar kein Hakenkreuz, aber die Person Adolf Hitler ist doch quasi die Personifizierung des Hakenkreuzes, der Mensch, der wie kein anderer mit dem 'Tausendjährigen Reich' und all seinen Symbolen verknüpft ist. Der Artikel ist knapp zwei Jahre alt und somit zumindest nach den neuesten Gesetzen natürlich nicht strafbar, aber man muss sich schon fragen, ob die Argumentation der Verunglimpfung des Islam durch ein solches historisches Bild nicht auch bei der 'Welt' gültig sein müsste ?

Und ist es nach dieser Argumentation überhaupt noch erlaubt, eine Zusammenarbeit Deutschlands zwischen '33 und '45 mit Muslimen, z.B. auch der Türkei, zu thematisieren ?

Wie 'wahr' kann Geschichte sein, wenn am Ende alles, an dem sich irgendjemand stören könnte, aus dem Diskurs entfernt wird ?

Natürlich ist der verurteilte Autor als heftiger Islamkritiker bekannt, von daher könnte man das Bild im Zusammenhang anders beurteilen als in mancher anderen Publikation. Aber gerade um Zusammenhänge scheint es in diesem Urteil weniger gegangen zu sein.

Vielleicht muss man ja ein Rechtskundiger sein, um dieses Urteil angemessen würdigen zu können. Wirklich schöne Urteile zeichnen sich allerdings dadurch aus, dass sie sich auch dem gesunden Menschenverstand alleine erschliessen.

 
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RE: Gesetzeslücken & Überregulation

#17 von Spitze Feder , 19.09.2017 21:23


Wieder
gaaanz andere Baustelle, aber mehr Überreaktion ist wohl kaum noch möglich:

Am Hauptbahnhof: Rentnerin (76) sammelt Flaschen - Jetzt ist sie vorbestraft

Zitat
Vor knapp zwei Jahren wurde der heute 76-Jährigen der kleine Zuverdienst von zwei Bahn-Mitarbeitern untersagt. Die gehbehinderte Rentnerin erhielt Hausverbot. Wegen Hüftproblemen hatte sie jetzt eine Abkürzung durch die Bahnhofshalle nehmen wollen – und nahm gleich noch eine leere Bierflasche mit. Allerdings wurde sie prompt erwischt!


OK, Verstoss gegen Hausverbot, Hausfriedensbruch, kann man anzeigen, wird bestraft. Aber vielleicht mit Augenmass ?

Zitat
2000 Euro Geldstrafe soll sie zahlen – und sie ist jetzt vorbestraft!


Die Schwere des Vergehens ist ja nun nicht so heftig. Oh, aber die 'Sozialprognose: Da die Frau offensichtlich bei ihrer Rente chronisch klamm ist, besteht eine erhebliche Wiederholungsgefahr !

Da muss man doch mal so richtig - oder ?

Andererseits gibt es in Deutschland Straftäter, da sagen die Polizisten, wir nehmen sie fest, wir müssen sie freilassen, wir nehmen sie fest, wir müssen sie freilassen, etc ... vielleicht könnte man da mal etwas mehr machen ?

 
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RE: Gesetzeslücken & Überregulation

#18 von Spitze Feder , 21.01.2018 11:34


Dieser
Thread sollte auch nicht dauerhaft schlummern:

Abschiebung: Amt entführt Arzt-Ehefrau nach Bangkok

Zitat
Nach der standesamtlichen Hochzeit am 24. Februar 2016 beantragte Inthira Schmolla eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung bei der Nürnberger Ausländerbehörde gemäß § 23 Absatz 1 AuslG. Die Behörde lehnte diese ab.

Laut der Auskunft des Leiters des Einwohneramtes Nürnberg, Olaf Kuch, 47, hätte sie direkt bei der Deutschen Botschaft in Bangkok ein Visum zum Ehegattennachzug beantragen sollen und sei somit „illegal“ in Deutschland


Ist doch interessant: Legal oder nicht, die Frau war versorgt, und auch ansonsten wohl nicht 'auffällig'. Trotzdem war es auf einmal extrem dringend, sie aus Deutschland zu entfernen.

Was mir nicht ganz klar ist: Wo fand denn die 'standesamtliche' Trauung statt ? 'Zu meiner Zeit' war eine Trauung auf einem deutschen Standesamt mit einer ausländischen Partnerin nur nach Erteilung eines Heiratsvisums möglich. Das war eine ziemliche Ochsentour, hat fast zwei Jahre gedauert, anschliessend gab es allerdings keine Probleme mit dem Aufenthaltsstatus.

Falls die Heirat in Thailand erfolgte wundert mich nichts (und in dem Fall muss man die beiden ziemlich naiv nennen). Eine Eheschliessung alleine ist noch keine Garantie dafür, dass dem Partner ein dauerhafter Aufenthalt in 'schland erlaubt wird. Das sollte im Zuge der Heiratsvorbereitungen bekannt werden.

Dass deutsche Gesetze schon lange nicht mehr für bzw. gegen jeden gleich angewandt werden ist ein anderes Thema, sollte aber erst Recht zur Vorsicht mahnen.

 
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RE: Gesetzeslücken & Überregulation

#19 von Spitze Feder , 03.02.2018 00:03


Hier wird nie wieder ein Gefangener sitzen und trotzdem bleibt der Strom an

Zitat
würde man den Hauptschalter einfach umlegen, würde der Alarm losgehen


In einem Gefängnis ganz vernünftig. Aber irgendwie muss man das doch auch wieder auseinandernehmen können ?

Kann man. Braucht Spezialisten. Dafür hat man kein Geld:

Zitat
dank einer Haushaltssperre darf kein Geld ausgegeben werden


Die Stromrechnung kommt erst später. Insgesamt wird es natürlich teurer. Aber gesunder Menschenverstand und Verwaltung vertragen sich eben nicht.

 
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RE: Gesetzeslücken & Überregulation

#20 von Spitze Feder , 26.02.2018 10:52


Jobcenter kürzte Hartz IV – weil der Kühlschrank leer war

Zitat
Am 2. Januar besuchte ihn eine Außendienstmitarbeiterin, die sehen wollte, ob tatsächlich jemand in der Wohnung lebt. Seine Betreuerin erklärt:

„Die Mitarbeiterin wollte den Inhalt des Kühlschranks sehen“. Doch da waren nur Ketchup, Dressings und Butter – zu wenig für das Jobcenter


Und der Ketchup hat m.E. im Kühlschrank nichts zu suchen (allenfalls irgendwelche Diätvarianten).

Interessant wäre vielleicht noch die Uhrzeit des Besuches. Bei vielen Leuten (auch und gerade mit Geld) wird der Kühlschrank nach Neujahr nicht viel anders aussehen, dafür türmen sich dann Sekt- und Bierflaschen (was in diesem Fall auch ein Grund zur Kürzung wäre, weil der Mensch offensichtlich zu viel Kohle hat). Und nach den stressigen (und u.U. schlafarmen) Tagen und Nächten davor geht man u.U. vielleicht erst etwas später einkaufen.

Februar ist auch eine gute Zeit für solche Massnahmen. Wenn Menschen ihre Stromnachzahlung begleichen und dann vielleicht auch nicht mehr viel Geld fürs Essen haben, dem EEG sei Dank.

Würde der Kühlschrank überquellen und daneben noch ein ordentlicher Vorrat an Nudeln, Reis, Konserven bestehen käme wahrscheinlich die Anforderung einer Vermögensaufstellung, denn ja, auch Vorräte sind grundsätzlich 'Vermögen'. Dabei kann man jedem Menschen, der sich in Richtung Hartz IV bewegt, nur raten, Sonderangebote soweit möglich für mittelfristige Einkäufe zu nutzen. Das kann einiges an Haushaltsgeld sparen. Allerdings braucht man dazu natürlich eine kleine Reserve, die viele entweder unbedacht nicht anlegen, oder auch durch ungünstige Umstände verlieren. Und dann kann eben immer noch das 'Amt' kommen ...

 
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