RE: Verschwörungstheoretiker - geisteskrank, oder ...

#1 von Spitze Feder , 06.01.2017 23:40

... vielleicht sogar gesünder als der Rest ?

Scientific study reveals conspiracy theorists the most sane of all

Wird in der englischsprachigen Blogosphäre hoch- und runtergenudelt. Damit macht man es sich aber wieder einmal zu einfach. Mit etwas Googeln kommt man zum Ursprung: Untersucht wurde das Diskussionsverhalten von VT-Befürwortern und VT-Gegnern.

“What about building 7?” A social psychological study of online discussion of 9/11 conspiracy theories

Und in der medizinischen Literaturdatenbank PubMed äussert sich der Hauptautor der Studie:

“What about building 7?” A social psychological study of online discussion of 9/11 conspiracy theories

Zitat
Michael Wood 2014 Nov 30 07:45 a.m. edited 2 of 2 people found this helpful

As the first author of this study, I'd like to address a misleading headline that's been making the rounds lately: the idea that this study says that people who believe 9/11 conspiracy theories are better-adjusted than those who do not. This grossly misinterprets our results: this study says nothing about mental health, and its results do not justify any conclusions about one group of people being more or less "sane" than another.

The main basis for this misinterpretation appears to be the observed difference in hostility between conspiracist (pro-conspiracy-theory) and conventionalist (anti-conspiracy-theory) comments. On average, conventionalist comments tended to be somewhat more hostile. In the paper, we interpret this difference as the product of a fairly specific social situation in which the two rival opinion-based groups use different strategies of social influence according to their relative popularity, rather than as an inherent psychological difference. In fact, previous research by Marina Abalakina-Paap and colleagues has shown that dispositional hostility is positively, not negatively, correlated with beliefs in conspiracy theories - in other words, people who believe more conspiracy theories tend to be more hostile.
However, that finding doesn't necessarily justify the conclusion that conventionalists are better-adjusted than conspiracists. Either of these conclusions relies on the unstated premise that hostility is never good or justified, and that less hostility is always better. This is at least an arguable assumption, and there's certainly no evidence for it here.

In general, I would urge anyone who found this paper via the "sanity" article to please think critically about headlines in the future. It is tempting to believe without question self-serving headlines that validate your prejudices and beliefs, but that's precisely when critical thinking is most important.

Den blau hervorgehobenen Teil habe ich mal übersetzt:

"Diese Studie sagt nichts aus über geistige Gesundheit, und ihre Ergebnisse rechtfertigen keinerlei Schlussfolgerungen, ob eine Gruppe von Menschen mehr oder weniger 'normal' ist als eine andere.

Die hauptsächliche Basis für diese Fehlinterpretation scheint der beobachtete Unterschied in der Feindseligkeit zwischen Kommentaren von 'Konspirationisten' (pro-VT) und von 'Konventionalisten' (anti-VT) zu sein. Im Durchschnitt tendierten Kommentare von 'Konventionalisten' etwas feindseliger zu sein. In der Veröffentlichung interpretieren wir diesen Unterschied eher als Ergebnis einer spezifischen sozialen Situation, in der die beiden rivalisierenden Meinungsgruppen entsprechend ihrer relativen Popularität unterschiedliche Strategien sozialer Einflussnahme nutzen, denn als eine anlagebedingte psychologische Differenz. Tatsächlich hat frühere Forschung von Marina Abalakina-Paap et al. gezeigt, dass eine Veranlagung zu Feindseligkeit positiv, nicht negativ, mit dem Glauben an VT korreliert ist - in anderen Worten, Leute, die mehr VT glauben, neigen dazu, feindseliger aufzutreten."


Oder so, wie ich das verstehe: Kritische Denker sind beim Vertreten ihrer Meinung weniger aggressiv als Menschen, die ihre Meinung ohne zu hinterfragen übernommen haben. Die einen können argumentieren, die anderen haben dann nichts entgegenzusetzen und werden frustriert.

Das erklärt auch die oft höhere Aggressivität von Menschen, die sehr viele VT glauben: Das sind nämlich dann auch oft Menschen, die weniger kritisch sind und alles Mögliche glauben - nur eben nicht die eine offizielle Version ...

 
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RE: Verschwörungstheoretiker - geisteskrank, oder ...

#2 von Spitze Feder , 06.01.2017 23:46

Wer schon im alten Forum gelesen hat wird sich vielleicht noch an den obigen Beitrag erinnern. Ein paar schöne Sachen habe ich zum Glück noch retten können.

Warum jetzt ? Darum - passt doch:

Für Gutmenschen sind andere böse: Warum Sie mit psychopathologisch gestörten Gutmenschen nicht diskutieren sollten

Zitat
Eine offene und ehrliche Diskussion setzt voraus, dass beide sich von besseren Argumenten und Fakten potentiell überzeugen lassen. Ansonsten hat die Diskussion ja gar keinen Sinn. Sie setzt die Bereitschaft zum Denken, zum Nachdenken, zur kritischen Überprüfung der eigenen Position und den gemeinsamen Willen zur Wahrheitsfindung voraus. Andernfalls sind es reine Machtkämpfe, in denen der Eine dem Anderen und Umstehenden seine Überlegenheit demonstrieren und sich mit allen Mitteln durchzusetzen versucht


Und wenn man sich einen Grossteil der derzeit laufenden Diskussionen über aktuelle Probleme so ansieht (v.a. die Seite, die die diversen Keulen schwingt), dann sieht das leider zu häufig genau so aus.


P.S. Der Artikel ist inzwischen gelöscht bzw. durch eine kurze Erklärung ersetzt, es hat massiv Ärger gegeben:

XING: Hetzjagd auf Tichy
Roland Tichy legt Herausgeberschaft bei XING News nieder

Es ist vielleicht nicht die feine englische Art, politische Gegner als pathologisch zu bezeichnen - ungewöhnlich ist es heutzutage eher nicht. Und solange man nicht wirklich persönlich wird, sondern eine nicht exakt definierte Gruppe anspricht, die sich den 'Gutmenschen'-Schuh normalerweise doch gar nicht anziehen will (denn sonst würden sie ja Nazi-Sprech fördern), hätte ich es für (noch) akzeptabel gehalten.
Nicht wünschenswert. Akzeptabel.
Und die Verrohung der politischen Sitten die letzten Jahre dürfen sich genau die auf die Fahnen schreiben, die sich da gerade wieder beschwert haben ...


P.P.S. An anderer Stelle noch einmal komplett hochgeladen.

 
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RE: Verschwörungstheoretiker - geisteskrank, oder ...

#3 von Lord Whisper , 07.01.2017 10:42

Zitat von schwma2033

"Im Durchschnitt tendierten Kommentare von 'Konventionalisten' etwas feindseliger zu sein.

Die einen können argumentieren, die anderen haben dann nichts entgegenzusetzen und werden frustriert.



Deine Einschätzung schwma2033 dürfte zutreffender sein. Am feindseligsten reagieren VT-Anhänger, wenn ihre mühseelig aufgebaute VT mit wenigen Argumenten oder Gegenfragen ad absurdum gestellt wird.

Da wurde in Facebook ein Chemtrailer nach seinem Preis gefragt.

Zitat
Was muss ich dir bezahlen, dass du deine Kinder, deine Frau, deine Freunde, Bekannte und Verwande und natürlich dich selbst vergiftest? Wenn du tausenden Mitwissern am Boden und in der Luft unterstellst, dass sie das gegen "gute Bezahlung" machen, wo liegt dann dein personlicher Preis?


Die Reaktionen darauf waren einfach köstlich.

Im allgemeinen halte ich es bei VT's so, dass ich diese Diskussionen folge aber kaum selbst Stellung dazu einnehme. Ich bilde mir über die Glaubwürdigkeit der VT eine eigene Meinung, muss diese aber nicht unbedingt verkünden. Es sei denn, die VT kolliediert mit einem meiner "Fachgebiete", dann liefere ich aber meist auch nur Argumente die aus Fakten bestehen. Am Besten man liefert gleichmäßig Argumente und Fakten für Geger und Befürworter --> dann bekommst du Spaß ohne Ende.

 
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RE: Verschwörungstheoretiker - geisteskrank, oder ...

#4 von Spitze Feder , 03.02.2017 09:59


Und
warum wir irgendwann blind werden können für eigentlich Bemerkenswertes:

Trumpismus: Warum wir extremes Verhalten irgendwann normal finden

Hier natürlich zum Trump-Bashing genutzt (und nein, als Chef möchte ich den nicht haben). Aber das gilt natürlich auch in jeder anderen Richtung:

Der Mensch gewöhnt sich an fast alles.

Und noch viel effektiver funktioniert das, wenn die Änderungen schleichend sind und sich viele Menschen zunächst gar nicht betroffen fühlen. Wer da vor möglichen späteren Konsequenzen warnt wird auch schnell in die VT-Ecke (heute noch besser: Extremist) gestellt. Es gilt das unschöne Juncker-Prinzip:

Schritt für Schritt, und wenn es keine Aufstände dagegen gibt, gibt es irgendwann kein Zurück mehr.

Und da dürfen sich alle Seiten fragen, ob die zunächst schleichende, inzwischen fast unübersehbare Neuordnung unserer gesellschaftlichen Grundwerte denn in allen Fällen zum Positiven erfolgt ist - oder ob es vielleicht nur die geistige Gewöhnung ist, die 'unsere' Wahrnehmung oft verzerrt.

Es reicht leider auch nicht, sich einmal ein umfassendes Bild der Welt gemacht zu haben und dann darauf zu vertrauen, dass man die Welt versteht. Und das liegt nicht alleine daran, dass sich die Welt ändert. Sobald man aufhört, auch das eigene Weltbild zu hinterfragen, wird man automatisch anfällig für die schleichenden Änderungen, mit denen die eigene Sicht der Welt gezielt verändert werden soll. Ein Polterer wie Trump ist aus dieser Sicht noch die harmloseste Variante.

 
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RE: Verschwörungstheoretiker - geisteskrank, oder ...

#5 von Philharmoniker , 03.02.2017 10:26

Die Diffamierung von sogenannten Verschwörungstheoretikern kann folgende Ursachen haben:

1. Manche sind zu dumm und können das berichtete nicht nachvollziehen und sind insgeheim neidisch, weil sie geistig nicht folgen können.

2. Es werden Wahrheiten angesprochen, die realistisch sind, oder sein können, aber von der BRD nicht erwünscht ist, da sie das System gefährden. Nicht liegt da näher als jemanden als VT zu diffamieren. Die BRD ist als System so krank, dass aus 2 + 2 = 4, eine Volksverhetzung wird, wenn es dem System nicht Recht ist, und das System sagt, 2 + 2 = 5

Die meisten sind hochintelligente Leute, die Dinge sehen oder Schlussfolgerungen anstellen, die plausibel sein können, daher sollte man sich immer ernsthaft mit einem Argument beschäftigen, das wahr sein könnte. Der Begriff ist in einem amerikanischen Think Tank entstanden.

Die meisten, als Verschwörungstheoretiker verschrienen, bereichern die alternativen Medien und das Netz, mit ihren zum Teil hervorragenden Blogs, ganz massiv.

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RE: Verschwörungstheoretiker - geisteskrank, oder ...

#6 von Spitze Feder , 16.09.2017 22:08


Prepper
gehören nicht unbedingt zu den VTlern, aber die Art und Weise, wie sie hier beschrieben werden, passt sehr gut in den Zusammenhang:

Rechtes Netz: Mecklenburg und die Eiserne Reserve

Zitat
Mit vielem hatten sie gerechnet. Nicht jedoch damit, in eine weitere, bislang kaum bekannte Welt aus Terror, Umsturzplänen und Gewaltfantasien einzutauchen. In eine Welt voller Waffen und Verschwörungstheorien – in die Welt der „Prepper“


"Terror" und "Umsturzpläne" sind eigentlich nicht typisches Prepping-Thema, allenfalls, welche Folgen sie haben können und wie man diese Folgen persönlich und mit seinen Angehörigen vielleicht überleben kann. Hier in Deutschland ist die 'Szene' ziemlich unbedeutend, in den USA könnten verantwortungsbewusste Politiker und Technokraten viel lernen, indem sie mit bestimmten Preppern diskutieren. Und den allermeisten Preppern wäre es sicher lieber, ein paar Szenarios weniger auf dem Schirm haben zu müssen.

Zitat
In der Kleinstadt Crivitz ist Handwerksmeister ... ein geachteter Mann ... gilt als ruhig und unauffällig
...
Am 28. August gegen vier Uhr morgens stürmt ein Sondereinsatzkommando (SEK) der Bundespolizei mit Blendgranaten und Spürhunden in das Haus des Handwerkers. Die vermummten Beamten treten die Tür ein, kopieren Festplatten und Datenträger, durchwühlen Privat- und Geschäftsräume. Axel M. ist einer von sechs Männern in Mecklenburg-Vorpommern, deren Wohnungen, Büros und Häuser die Bundesanwaltschaft zeitgleich durchsuchen lässt. Laut richterlichem Beschluss stehen zwei von ihnen in dem Verdacht, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorzubereiten
...
Über die Durchsuchung in Crivitz sagt die Bundesanwaltschaft offiziell nichts. Axel M. gilt „nur“ als Zeuge, als „nicht tatbeteiligter Dritter“


Seit wann gilt er nur als Zeuge ? Die beiden höchst Verdächtigen waren andere. War es wirklich nötig, die Wohnung mit brutaler Gewalt überfallartig zu öffnen ?

Man könnte fast auf die Idee kommen, da wollte jemand einen 'Vorfall' provozieren ... leider, leider liegt nicht jeder Prepper mit geladener Waffe im Bett. Viele werden, gerade hier in Deutschland, nicht einmal eine Schusswaffe besitzen. Wenn man einen Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung für möglich hält, ist eine Justizvollzugsanstalt einer der schlechtesten Orte, um diesen Vorgang zu erleben.

 
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RE: Verschwörungstheoretiker - geisteskrank, oder ...

#7 von Spitze Feder , 17.05.2018 08:59


Eine
beliebte Verschwörungstheorie ist ja die geplante Islamisierung Deutschlands.

Wenn man so manche Meldungen liest, muss man da aber Verständnis haben:

Ramadan – ein alter deutscher Brauch

Zitat
ab heute werden diese Menschen für einen Monat lang einen deutschen Brauch praktizieren: Anlässlich des Ramadans werden sie von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang fasten.

Ja, Sie haben richtig gelesen: Der Ramadan ist alter deutscher Brauch, der hier schon länger verbreitet ist als das Oktoberfest. Ja, da dürften jetzt einige Zeitgenossen in Bayern die Stirn runzeln. Der Ramadan ist deutscher und mehr beheimatet in diesem unserem Land als vieles, was inzwischen als deutsche Kultur durchgeht, da kann man schon fast nur noch mit dem Kopf schütteln: Halloween zum Beispiel oder Junggesellenabschiede


Zum Glück sagt das ein (dem Namen nach zumindest) aus dem Orient Zugewanderter. Man stelle sich vor, ein AfDler hätte den Ramadan mit Halloween (kein deutscher Brauch, sondern angloamerikanische Unsitte) verglichen ...

 
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RE: Verschwörungstheoretiker - geisteskrank, oder ...

#8 von Spitze Feder , 14.12.2019 23:17


W
er ist Verschwörer, wer ist Theoretiker - egal, erstmal für verrückt erklären:

Psychotherapeuten-Kammer: Klimaleugner psychisch krank?

Wer tatsächlich das 'Klima leugnen' würde müsste echt einen an der Waffel haben, aber darum geht es ja nicht. 'Klimaleugner' sind die, die zumindest Zweifel daran haben, dass der derzeit zu beobachtende Klimawandel wesentlich vom Menschen ausgelöst ist und im weiteren Verlauf wesentlich von bestimmten menschlichen (Nicht-)Aktionen abhängt und sogar begrenzt werden kann.

Aber obwohl die 'Klima-Bestätiger', 'Klima-Zeugen' oder wie man die andere Seite auch nennen will, deutlich lauter sind (und auch viel heisse Luft produzieren), es gibt in der Wissenschaft durchaus ernst zu nehmende Stimmen, dass die Verhältnisse mindestens nicht so einfach sind wie vielfach behauptet, ev. sogar der Mensch nicht die dominante Rolle haben könnte, und der prophezeite Klimakollaps auch gar nicht so sicher ist - schliesslich gab es vor erdgeschichtlich kurzer Zeit in der Arktis deutlich höhere Temperaturen als heute, und weiter in der Vergangenheit sind weit höhere CO2-Konzentrationen belegt als wir sie absehbar erreichen werden.

Es könnte durchaus sein, dass der Wahnsinn eher darin besteht, die Klimaentwicklungen kurz- bis mittelfristig vorhersagen zu wollen, als sich ihnen anzupassen. Totschlagargumente werden bei der Suche nach der richtigen Strategie nicht hilfreich sein.



Man muss viel gelernt haben, um über das, was man nicht weiß, fragen zu können.

(Jean-Jacques Rousseau) - - -
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Listen to all, follow none, walk your own path the best that you can.
(Silver Shield)

 
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