RE: Das 'bedingungslose' Grundeinkommen

#1 von Spitze Feder , 03.01.2017 01:13


Finnland testet bedingungsloses Grundeinkommen


Zitat
in dem auf zwei Jahre angelegten Versuch würden 2000 zufällig ausgewählte Arbeitslose jeden Monat 560 Euro bekommen. Das monatliche Durchschnittseinkommen liegt in Finnland nach amtlichen Daten bei 3500 Euro im Monat.
Das Grundeinkommen wird auch dann gezahlt, wenn der Arbeitslose eine Stelle antritt, für die er nur einen Niedriglohn bekommt


Das ist das eine, was mich stört: Das sog. BGE ist selten wirklich bedingungslos. Kann ja auch nicht sein, dass man jemandem Geld schenkt, der das gar nicht braucht - obwohl das realistisch betrachtet eine relativ kleine Minderheit ist, die man im Interesse einer einfachen Anwendung einfach ignorieren sollte (wenn man das schon durchziehen wollte).

Und die oft propagierte Kreativitäts- und Produktivitäts-Explosion ist für mich auch nicht überzeugend. Aber dafür macht man ja Experimente.

Dafür bin ich mir ziemlich sicher, dass ein paar mehr der Kandidaten sich einen kleinen Job suchen werden. Klar ist es ein Unterschied, ob ich erarbeitetes Geld +/- voll behalten darf, oder ob mir (nach möglichen 'Sozial'-Abzügen) dann auch noch anderswo etwas abgezogen wird.

 
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RE: Das 'bedingungslose' Grundeinkommen

#2 von Lord Whisper , 03.01.2017 08:24

Wer sich jemals mit einem Geldsystem befasst hat, dem ist bewusst, dass ein BGE nicht funktionieren kann.

Eine Kaufkrafterhöhung führt immer zur Inflation, genau so, wie die einseitige Erhöhung der Verkaufspreise, im späteren Verlauf zu einer Einkommensangleichung führt. Es kommt unweigerlich in einem Geldsystem immer zu einem Ausgleich von Kaufkraft und Preisen.
Die reine Geldmengenausweitung führt nicht, alleine und unbedingt, zu Inflation, wie dies in der östereich. Schule behauptet wird. Bestes Beispiel ist die extrem starke Ausweitung der Geldmengen im Euroraum und im US-Dollarraum der vergangenen Jahre. Es kommt maximal zu einer Inflation in Teilbereichen des Gesamtmarktes, zB. Immobilien, Aktien. Erst wenn diese Geldmenge, im Gesamtmarkt, also in der Kaufkraft aller Verbraucher ankommt, führt sie zur Inflation, wie man sie zuletzt in Venezuela sehen kann.

Spätestens nach einem Jahr, führt die Inflation, die durch die Kaufkrafterhöhung ausgelöst wird, zum Ausgleich auf dem Gesamtmarkt. Dies bedeutet, dass nach einem Jahr vom BGE nichts mehr bleibt, einzig die fürs Alter zurückgelegte Kaufkraft (gespartes Geld) erfährt einen herben Kaufkraftverlust durch diese künstliche Abwertung.
Die Dummen, werden wie immer, die breite Mittelschicht der Einkommen bilden und besonders stark wird es diejenigen treffen, für die das BGE ein Segen darstellte. Das zuvor ausgegebene BGE sammelt sich wieder bei den Superreichen, diese gehen als Gewinner aus diesem Spiel hervor. Paretoprinzip https://de.wikipedia.org/wiki/Paretoprinzip

Es ist zu beachten, dass es sich Im vorliegenden Beispiel aus Finnland, um einen Testlauf mit stark begrenzter Teilnehmerzahl handelt. Dieser Testlauf wird sich kaum in der Inflationsentwicklung bemerkbar machen.

 
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RE: Das 'bedingungslose' Grundeinkommen

#3 von Spitze Feder , 03.01.2017 10:39

Zitat von Lord Whisper
Wer sich jemals mit einem Geldsystem befasst hat, dem ist bewusst, dass ein BGE nicht funktionieren kann.

Sollte so sein.

Zitat von Lord Whisper
Dies bedeutet, dass nach einem Jahr vom BGE nichts mehr bleibt, einzig die fürs Alter zurückgelegte Kaufkraft (gespartes Geld) erfährt einen herben Kaufkraftverlust durch diese künstliche Abwertung.

Kein gutes Argument: Mit einem ordentlichen BGE (natürlich mehr als 1/6 Durchschnittseinkommen) brauchst du doch gar keine Alterssicherung mehr.

Zitat von Lord Whisper
Es ist zu beachten, dass es sich Im vorliegenden Beispiel aus Finnland, um einen Testlauf mit stark begrenzter Teilnehmerzahl handelt. Dieser Testlauf wird sich kaum in der Inflationsentwicklung bemerkbar machen.

Ja, geschickt, gelle ?

Aber eigentlich genau richtig. Inflation könnte man ignorieren, man passt eben Preise und Geldmengen an. Alterssicherung s.o.

Doch ob es in dem System möglich ist, die entsprechende Motivation sowohl der kleinen Arbeitsbienen als auch der Investoren (und deren Fähigkeit zur Kapitalansammlung für Investitionen) aufrecht zu erhalten, das ist eine grosse Frage. Und bei unzureichender Motivation der arbeitenden Klasse gibt es keinen Wohlstand. Das müsste man testen. Dafür braucht man aber ein echtes Grundeinkommen und nicht etwas, was der Grossteil der Bevölkerung als Taschengeld ansieht.

 
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RE: Das 'bedingungslose' Grundeinkommen

#4 von Lord Whisper , 03.01.2017 14:28

Zitat von schwma2033
Kein gutes Argument: Mit einem ordentlichen BGE (natürlich mehr als 1/6 Durchschnittseinkommen) brauchst du doch gar keine Alterssicherung mehr.



Das Argument ist nicht das Beispiel der Alterssicherung, das Argument ist der erste Teil, das BGE wird innerhalb eines Jahres von der sich daraus entwickelnden Inflation aufgefressen.

Zitat von schwma2033
Doch ob es in dem System möglich ist, die entsprechende Motivation sowohl der kleinen Arbeitsbienen als auch der Investoren (und deren Fähigkeit zur Kapitalansammlung für Investitionen) aufrecht zu erhalten, das ist eine grosse Frage.

.
Das ist ein gutes Argument von dir.
Ob ich wohl weiter ein persönliches Risiko trage, wenn ich die rundum gepamperte totale Einkommensausfallversicherung für lau erhalte? Der Gedanke an Freizeit im Überfluss ohne jeglichen Stressfaktor ---> hat was. Ich glaube daran könnte ich mich gewöhnen.

Noch ein Gedanke dazu, in der Woche vor Weihnachten war ich am 23. nochmal einkaufen. Riesen Stress für das Verkaufspersonal, hinzu kamen Kunden (die schon länger hier sind) die wegen Kleinigkeiten den Aufstand probten. Die Verkäuferin tat mir richtig leid, ich sagte Aufrunden bitte - Sie darauf forsch "Falscher Supermarkt!". Ich nein richtiger Supermarkt, die Restkohle ist für sie, so als Stressausgleich. Die hat sich vielleicht über die 2 Euro Paar Zerquetschte gefreut. Ob die sich den Stress weiter antut, wenn sie erst ein BGE bekommt?

 
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RE: Das 'bedingungslose' Grundeinkommen

#5 von Spitze Feder , 16.02.2017 23:38


V
ielleicht geht es ja doch. Immerhin erscheint der Artikel vom Straubhaar heute, obwohl er bereits gestern verlinkt war:

"Das Grundeinkommen ersetzt den Sozialstaat"

Zitat
Wie kommen Sie eigentlich gerade auf 1000 Euro?

960 Mrd. Euro kostet der heutige Sozialstaat. Das sind pro Kopf der Bevölkerung jährlich rund 12.000 Euro. Statt das Geld in einen Sozialstaat zu stecken, der in der neuen Arbeitswelt nicht mehr funktioniert, wäre es besser, wenn der Staat jedem Einzelnen damit eine Mindestabsicherung garantiert.


Der Kopf des sozial(istisch)-industriellen Komplexes würde nicht erfreut sein, denn da bekommen viele deutlich mehr als einen Tausender (weiter unten bekommen etliche dafür gar nichts, das kirchliche Wohnheim hier in der Nähe sucht z.B. laufend freiwillige Landschaftspfleger).

Und ich habe weiterhin meine Zweifel, ob das System nicht an den Fähigkeiten unserer Wirtschaft knabbern würde. Von den zusätzlichen Kostgängern, die den Genuss produktiver Arbeit oft gar nicht zu schätzen lernen konnten, ganz zu schweigen. Andererseits würde es unserem Haushalt mit diesem Geld insgesamt besser gehen, und das scheint derzeit mit dem herrschenden System nicht mehr zuverlässig realisierbar.
Aber ich würde mich sofort wieder unbeliebt machen, weil ich natürlich sagen müsste: Liebe Leute, denkt daran, Wohlstand kommt nicht vom Geld alleine. Und das kapieren ja heute schon die wenigsten ...

Hier noch die aktuelle Diskussion im Gelben.

 
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RE: Das 'bedingungslose' Grundeinkommen

#6 von Spitze Feder , 03.07.2017 02:36


Experiment in Schleswig-Holstein: Warum wir uns das Grundeinkommen nicht leisten können


Ein bedingungsloses Grundeinkommen wäre das Ende des Sozialstaates

Und wieder im 'Gelben':

Erneut: das bedingungslose Grundeinkommen

Von mir aus sollen sie es machen, das derzeitige System lässt sich m.E. vor der Wand sowieso nicht mehr bremsen. Von daher spielt es kaum eine Rolle, wie man es komplett zerlegt. Und wenn es länger als ein paar Monate laufen würde könnten wir noch einmal die Heimat meiner Frau besuchen, bevor das vielleicht noch schwieriger wird. Natürlich mit Bauchgrummeln meinerseits wegen möglichem falschen Timing.

 
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